Feldmark. . Familie Compernaß betreibt an der Bochumer Straße nicht einfach eine Backstube mit Ladenlokal. Hier gibt’s auch Gitarren, Musikunterricht und Immobilien – eben ein besonderer Familienbetrieb

Von außen: Ein Bäckerladen in einem Gründerzeithaus an der Ecke Bochumer Straße und Lindenfelder Allee. Von innen: Ein Familienbetrieb, den es so kein zweites Mal gibt. Hier gibt’s Brot, Kuchen und einen Becher Kaffee auf die Hand, Gitarren und Ukulelen, Musikunterricht gleich dazu. Wer möchte, kann noch ein Haus kaufen oder eine Wohnung mieten. Nebenbei: Diese Familie Compernaß verströmt seltene Heiterkeit und Wärme. Hier ist der Kunde nicht König, sondern Familienmitglied.

Gebacken wird täglich frisch

Franz-Josef Compernaß senior (72), geboren in Buer, Kind einer Bäckerfamilie, und Gattin Inge (69) zogen 1968 nach Dorsten, kauften Haus und Backstube, die hier seit 1910 besteht. Was damals normal war, ist heute eine Seltenheit: Ein Bäcker, der keine Filialen hat, nur für den eigenen Laden produziert, alles in Handarbeit. Vom Brötchen bis zur Torte. Vorgefertigte Industrie-Teiglinge? Werden hier nicht gebacken. In den Ofen kommt nur, was der Vater und Franz-Josef junior (50, ebenfalls Bäckermeister) selbst geknetet haben. „Wir machen alles in eigener Regie und backen jeden Tag frisch”, sagt Franz-Josef senior. Der Renner sind die ganz einfachen Brötchen. „Die sind wirklich ungewöhnlich lecker”, findet Sohn Michael. Wirtschaftlich funktioniert das, „weil wir ein Familienbetrieb sind und ohne Angestellte auskommen”, sagt der Senior. Gerade erst hat er den goldenen Meisterbrief bekommen.

Mutter Inge schmeißt den Laden, kennt – auf der Hauptstraße Durchreisende mal ausgenommen – alle Kunden beim Vornamen. Man duzt sich. Zu Brot und Brötchen gibt’s immer ein paar Plaudersätze.

Seit drei Jahren ist das Geschäft nicht einfach nur ein Bäckerladen. Einen Teil hat Tochter Andrea abgeteilt für ihren Musikhandel. Gitarren gibt’s hier und Ukulelen und Zubehör. Vor allem von der fast 140 Jahre alten Marke Hoyer, die ihr mit einem Partner gehört, Und wenn’s vorn an der Brötchentheke eng wird, hilft sie auch da aus. Ihre Musikschule ist unterm Dach, Zugang durch die Hintertür. Aber die meisten Schüler gehen vorn durch die Brötchenstube. Man kennt sich ja.

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Ins Musikgeschäft eingestiegen ist Andrea eigentlich mit Bruder Michael (auch hoch musikalisch und Mitbegründer der Dorstener Big-Band). Einen Großhandel haben sie gemeinsam gegründet und geführt. Inzwischen ist Michael Compernaß aber umgestiegen auf Immobilien. Die Architektur ist seine zweite Liebe neben der Musik. „Das Maklergeschäft wurde erst zweites, dann erstes Standbein”, sagt er. Im Haus Compernaß betreibt er ein Büro, Schreibtisch an Schreibtisch mit Schwester Andrea, die beiden vertreten sich am Telefon gegenseitig.

Der Kitt, der sie zusammen hält

Ach ja. Bis auf Franz-Josef junior, der mit Familie in Hervest wohnt, leben die Compernaß alle unter dem gleichen Dach wie ihre Firmen. Eben ein Familien-Betrieb.

Funktioniert das – als Familie unter einem Dach, geschäftlich so miteinander verwurschtelt? Sehr gut sogar. „Das befruchtet sich gegenseitig”, lacht Michael Compernaß, der musikalische Makler. Dass alle Familienmitglieder immer gemeinsame Hobbys hatten, jetzt gemeinsame Geschäftsinteressen: Das ist ein Kitt, der zusammen hält.

Auch, wenn Franz-Josef Compernaß das Rentenalter lange erreicht hat: Ans Aufhören denkt er nicht. „Mit 72 kriegt man doch noch keine Rente”, lacht er. Und wenn er lacht, versteht man seinen Beinamen: Der lustige Bäcker am Stadtrand . . .