Lüdenscheid. .
Wer am vergangenen Wochenende zur Zeit offener Kirchentüren den Weg in die Erlöserkirche fand, der wurde mit Musik belohnt. Erstmals fand „Musik zur Marktzeit“ statt. Hinter dem gängigen Titel verbarg sich ein höchst anspruchsvolles Programm, das die junge Organistin Anna Mjassojedowa anging.
Mutig machte sie sich an Johann Sebastian Bachs Fantasie und Fuge g-moll heran. Steile Tonarchitektur inklusive damals heftigst kritisierter wie revolutionärer Fortschreitungen in Halbtönen und geprägt von schwermütiger Dissonanz. In der Fantasie scheint emotiv die Verzweiflung des Menschen über seine Unvollkommenheit auf. Mjassojedowa versenkte sich in dieses Werk, hielt alles im Fluss und fesselte damit jeden, der den Weg in die Kirche gefunden hatte.
Qualitativ ein deutliches Zeichen gesetzt
Die darauffolgende gewaltige Fuge, offensichtlich auch eine Hommage an Altmeister Johann Adam Reinken, Bach verwendete hierfür das holländische Tanzlied „Ik ben gegroet“, wirkt wie eine einzige Befreiung. Allerdings gilt auch hier, dass nicht nur die Fantasie, sondern auch die nachfolgende Fuge zu den Achttausendern für Organisten zählt. Man konnte es schlicht und ergreifend ausgiebig genießen, während sich Anna Mjassojedowa souverän der schwierigen Pedallinie entledigte.
Mit Gustav Adolf Merkels (1827 - 1885) Sonate g-moll griff die Solistin das Werk eines Komponisten auf, der hierzulande nach großer Berühmtheit im 19. Jahrhundert eher selten gespielt wird. Regelmäßiger sind Merkel-Stücke im benachbarten Frankreich zu hören. Für Organistin wie den größten Teil der Zuhörerschaft boten sich spannende Momente beim Gang in musikalisches „Neuland“. In das Mittagsgeläut hinein setzte die Organisitin Anna Mjassojedowa das prächtige Finale der Merkel-Sonate.
Der Beginn der losen Reihe „Musik zur Marktzeit“ in der Erlöserkirche an der Wilhelmstraße machte Lust auf mehr, zumal damit auch qualitativ ein deutliches Zeichen gesetzt wurde.