Nachrodt-Wiblingwerde. .
Nach fast 30 Jahren legt Hermann Künne aus Nachrodt seine Laubsäge aus der Hand. Gesundheitliche Gründe haben ihn zu diesem schmerzlichen Schritt gezungen. Denn Künne fertigte seit etwas mehr als 29 Jahren Holzarbeiten an, die er auf den verschiedensten Märkten anbot. Natürlich arbeitete er auch auf Bestellung.
Das Bemerkenswerte an Künnes Tätigkeit ist jedoch, dass er den Reinerlös aus dem Verkauf seiner Arbeiteten spendete. Empfänger der Zuwendungen war der Förderverein der Kinderkrebsklinik an der Universitätsklinik in Bonn. Dieser Verein wurde vor rund 30 Jahren von dem mittlerweile verstorbenen Elekromeister Gerhard Bräucker gegründet. Künne und Bräucker kannten sich gut. So war es nur folgerichtig, dass irgendwann einmal das Gespräch auf den Finanzbedarf des Fördervereines kam. Und da hatte Künne die Idee.
1000 verschiedene Motive
Er ist schon von Kindheit an begeisterter Bastler. So begann er, Holzfiguren zu fertigen, die dann im damaligen Ladenlokal der Firma Elektro Bräucker verkauft wurden. „Wir haben uns damals nur einen geringen Erlös versprochen“, erinnert sich Künne. „Aber dann brummte es richtig“. Das nahm er zum Anlass, seine Produktion um ein Vielfaches zu steigern und auch selbst Märkte zu besuchen. In den folgenden Jahren wurden seine Arbeiten daher nicht nur dort, sondern auch in verschiedenen Einzelhandelsgeschäften Altenas angeboten. Künne war zum damaligen Zeitpunkt noch berufstätig. Gleichwohl verbrachte er täglich vier bis fünf Stunden in seiner Werkstatt, die sich damals noch an der Bahnhofstraße in Altena befand.
Nachdem Künne gegen Ende des Jahres 2000 in Rente ging, konnte er sich ganz seinem Hobby widmen. Und das tat er auch – rund zwölf Stunden täglich. Wieviel Holz er in den fast 30 Jahren verarbeitet hat, kann er noch nicht einmal annähernd schätzen. Auf rund 1000 verschiedene Motive brachte er es in all den Jahren. Die meisten davon hat er selbst erdacht.
"Das Geld wird in Bonn viel nötiger gebraucht"
Sein Rekord im Hinblick auf die erteilten Auftragsarbeiten liegt bei 4000 (in Worten: viertausend) Exemplaren. Er sollte, gegen eine angemessene Spende, für einen Reitverein kleine Pferde aussägen. „Das war der Hammer“, schmunzelt Künne. „Ich habe absolut keine Ahnung mehr, wie lange ich daran gesessen habe.“ Auch für Kindergärten, Senioren- und Pflegeheime, Schulen sowie für das Garten- und Hallenbad in Nachrodt bastelte Künne und spendete auch zu deren Gunsten.
Doch der weitaus überwiegende Teil ging an den Förderverein der Kinderkrebsklinik Bonn. Und da ist Einiges zusammengekommen. „So ganz genau weiß ich das jetzt nicht“, sagt Künne. „Aber grob überschlagen werden es an die 40.000 Euro sein.“ Damit hätte er sich locker ein Fahrzeug der gehobenen Klasse leisten können. Aber Hermann Künne war und ist bescheiden geblieben. „Was soll ich damit?“, fragt er. „Das Geld wird in Bonn viel nötiger gebraucht.“
Einsatz an wichtiger und richtiger Stelle
Einige Reststücke seiner Arbeiten sind noch geblieben; die will Künne auch noch verkaufen. Er selbst hat in den ganzen Jahren seiner Tätigkeit keinen einzigen Cent für sich behalten. Lediglich die Materialkosten brachte er in Abzug. Die Arbeitsstunden, die er in drei Jahrzehnten in sein Projekt investierte, sind unzählbar. Denn mittlerweile dürfte es sowohl in Nachrodt-Wiblingwerde als auch in Altena keinen Haushalt mehr geben, in dem nicht wenigstens ein Objekt aus Künnes Werkstatt zu finden ist.
Der Bastler denkt mit ein wenig Schwermut an die Zeiten zurück, in denen es ihm noch möglich war, kranken Kindern zu helfen. Nun ist er selbst gesundheitlich angeschlagen und sein Hobby fehlt ihm sehr. Und das war das Basteln und die damit verbundene Unterstützung des Fördervereines. Auf seiner Werkbank im Keller finden sich jetzt nur noch wenige, fertig gestellte Arbeiten und das letzte Holz, dessen Bearbeitung Künne aber nicht mehr möglich ist. Der Blick auf seine Werkbank fällt ihm schwer. Doch die Erinnerung an seinen persönlichen Einsatz bleibt ihm.
Sein Schaffen hat vielen Kindern das Leben ein wenig leichter gemacht. „Und allein das war die Sache wert.“ Sein Hobby kann er nicht mehr ausüben, aber eines kann er sich auf die Fahnen schreiben: Er hat sich eingesetzt, geholfen. Und zwar an wichtiger und richtiger Stelle.