Berlin. In einem Gutachten soll die Europäische Zentralbank den Richtern des Bundesverfassungsgerichts das umstrittene Programm zum Ankauf von Staatsanleihen umrisssen haben. In wenigen Tagen wird in Karlsruhe über das EZB-Kaufprogramm verhandelt.
Wenige Tage vor der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht versucht die EZB einem Zeitungsbericht zufolge den Kritikern ihrer Euro-Krisenpolitik den Wind aus den Segeln zu nehmen. In einem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten habe die Europäische Zentralbank den Rahmen ihres umstrittenen Programms zum Ankauf von Staatsanleihen umrissen und den Richtern mitgeteilt, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung".
Demnach grenze die Bank ein, welche Anleihen für das Programm überhaupt in Frage kämen. Dazu habe die EZB konkretisiert, wie lange Staatsanleihen eines Landes auf dem Markt sein müssten, bevor sie dieses kaufen dürfe. Die Stillhaltefrist werde "angemessen und in Tagen zählend" sein, eine logische Sekunde reiche nicht, heiße es im Gutachten.
EZB: begrenzte Laufzeit für Anleihen
Die EZB bekräftigte dem Bericht zufolge, dass nur Anleihen mit einer Laufzeit von ein bis drei Jahren mit dem Programm abgedeckt werden. Das begrenze das Volumen der möglichen Anleihekäufe für Spanien, Italien, Irland und Portugal auf 524 Milliarden Euro. Allerdings hatte die EZB das Programm nicht auf einzelne Staaten beschränkt, sondern auch für künftige Krisenstaaten konzipiert. EZB-Präsident Mario Draghi hatte im September angekündigt, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, um den Euro zu bewahren. Allein schon mit dieser Ankündigung hatte er die Schuldenkrise erheblich entschärft.
Die Kläger vor dem Verfassungsgericht wollen aber bei der Verhandlung am Dienstag und Mittwoch unter anderem monieren, dass das EZB-Kaufprogramm gegen das Verbot einer Staatsfinanzierung im EU-Vertrag verstoße. Sollte das Gericht mit dem erst in einigen Monaten erwarteten Urteil Deutschlands Unterstützung für das EZB-Programm entziehen, befürchten viele Experten eine neuerliche Eskalation der Schuldenkrise.
Asmussen: EZB nicht "auf der Anklagebank"
Die EZB betonte, der Bericht sei inkorrekt. Wie bei vielen Gelegenheiten dargelegt, gebe es keine Begrenzung des Umgangs der Transaktionen. Dessen Umfang sei angemessen, um seine Ziele zu erreichen, erklärte die EZB.
EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen bekräftigte vor der Verhandlung, die Notenbank sitze dabei keinesfalls auf der Anklagebank. "Das Verfahren wird eine gute Gelegenheit sein, das Aufkaufprogramm 'OMT' noch einmal zu erklären", sagte Asmussen der "Bild"-Zeitung (Montagausgabe) nach einer Vorabmitteilung. Das Programm "war ökonomisch notwendig, rechtlich zulässig und von der Wirkung her effizient", betonte Asmussen.
Als die EZB das Programm angekündigt habe, "stand die Eurozone kurz vor dem unkontrollierten Zerfall. Ernstzunehmende Unternehmen und Banken fingen an, sich darauf vorzubereiten", schilderte Asmussen die Lage im Sommer vergangenen Jahres. Die EZB sei zu diesem Zeitpunkt die einzige voll handlunsgfähige europäische Institution gewesen. Sie habe den Spekulanten klar machen müssen: "Legt euch nicht mit der EZB an. Der Euro wird verteidigt." Die Märkte hätten die Lektion gelernt und keine Anleihe habe tatsächlich gekauft werden müssen, sagte Asmussen.