Schalksmühle / Hagen .

Nach der überraschenden Erklärung des Bruders der Ermordeten kehrte gestern wieder Alltag ein im A45-Prozess. Schien nach dem vorläufigen Ende der Zeugenaussagen das Finale bereits in Sicht, verbreitete die 2. große Jugendkammer gestern einen anderen Eindruck: Damit der Prozess durch die sommerlichen Urlaubswünsche der Prozessbeteiligten nicht zu lange unterbrochen wird, wurde lange über mögliche Brückentermine verhandelt.

Für die Kammer sei ein baldiges Prozessende nicht ausgeschlossen, machte die Vorsitzende Richterin Heike Hartmann-Garschagen deutlich. Doch sei ja noch gar nicht klar, wie die weitere Verteidigungsstrategie des Hauptangeklagten aussehe, nachdem sein Neffe ihn am Vortag des Mordes an Iptehal bezichtigt hatte.

Dr. Frank Nobis, Anwalt des „finnischen“ Onkels zeigte sich gestern überrascht von der Erklärung des 20-Jährigen. Zur Vorbereitung einer Antwort bräuchten er und sein Mandant allerdings noch etwas mehr Zeit. Mindestens einen Tag haben die Beiden dafür gewonnen: Am Montag sollte eigentlich weiterverhandelt werden. Da sich Iptehals Bruder jedoch überraschend bereit erklärte, sich von einem Gutachter psychologisch untersuchen zu lassen, wurde der Montag für dessen Besuch in der Haftanstalt reserviert.

Im Anschluss an seine Erklärung hatte die Vorsitzende vor allem eine Frage hartnäckig verfolgt: „Warum war das Leben von Iptehal so falsch? Was wurde von ihr erwartet, und was tat sie nicht?“ Ihr Bruder blickte bei der Antwort vor allem auf seinen Vater: „Ich bin davon ausgegangen, dass er sich das Leben meiner Schwester anders vorstellte.“

Entlastet vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord sind mittlerweile der „deutsche“ Onkel und die Mutter der Ermordeten. Schon ihre Freilassung aus der Untersuchungshaft machte deutlich, dass die Kammer mit Blick auf diese beiden Angeklagten keine Anhaltspunkte mehr dafür sieht, dass sie in die Mordplanungen eingeweiht waren. Das schließt nicht aus, dass Iptehals Mutter möglicherweise wegen einer Falschaussage im ersten A45-Prozess verurteilt wird.

Der Prozess wird am Dienstag ab 9.30 Uhr im Landgericht Hagen fortgesetzt.