Dorsten / Herten. . Patienten der Dorstener Tagesklinik und der Hertener LWL-Klinik spielen für die 67. Ruhrfestspiele zwei Texte von Franz Kafka.

An „Aufbruch und Utopie“, dem Motto der aktuellen 67. Ruhrfestspiele, haben auch Patienten der Dorstener Tagesklinik und der Hertener LWL-Klinik markanten Anteil. Es ist sogar eine preisgekrönte Zusammenarbeit zwischen dem Traditionsfestival und der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik – denn im Vorjahr gab’s den Anti-Stigma-Preis für Theater-Therapeutin Sandra Anklam und ihr Team aus Patienten und LWL-Mitarbeitern.

Am Dienstag, 4. Juni, steigt im Hertener Schloss die letzte von vier ausverkauften Aufführungen der Inszenierung aus zwei von Franz Kafkas bekanntesten – und beunruhigendsten – Prosatexten: „Die Verwandlung“ und „Ein Bericht für eine Akademie“. Georg Luibl ist der einzige Schauspiel-Profi in jenem Team, von dem Ruhrfestspiel-Intendant Dr. Frank Hoffmann versichert: „Sie können nicht feststellen: Wer ist Patient, wer Mitarbeiter der Klinik?“

Das Maß ist die Belastbarkeit

Auch Regisseurin Sandra Anklam betont: Bei den bereits im Vorjahr begonnenen Proben ging es nicht nur um Therapie. Schließlich steht die Kafka-Inszenierung im Programmbuch der Ruhrfestspiele, eines „ästhetisch anspruchsvollen Kulturbetriebs.“ Das Maß ist die Belastbarkeit für die Patienten. Können sie kontinuierlich wöchentlich zwei Stunden dabei bleiben – und nach nur einer Aufführung im Vorjahr nun sogar zwei an einem Tag stemmen? „Theater lebt von absoluter Verbindlichkeit“, sagt Sandra Anklam. „Die Erkrankung verliert ihren hohen Stellenwert“, ergänzt Dr. Silke Echterhoff, die als Ärztin selbst im Ensemble mitspielt. „Manche Patienten kommen über das Tun leichter aus ihrer Erkrankung als nur über das Sprechen.“

Eine Patientin der Dorstener Tagesklinik, selbst Krankenschwester und Mutter, fand nach den Vorjahres-Proben den Mut, „auf der Arbeit zu erzählen, warum ich lange krank gewesen bin“. Die Kolleginnen akzeptierten, dass sie weiter zwei Wochenstunden fürs neue Kafka-Schauspiel probt. Ihr Fazit: „Theater und Musik machen die Seele frei.“