Werdohl.

Das Schicksal des Alt Werdohl ist noch nicht entschieden: Im Amtsgericht Altena verstrich gestern der erste Termin zur Zwangsversteigerung des Hauses Freiheitsstraße 56, ohne dass ein Gebot abgegeben worden wäre. Um 10.17 Uhr eröffnete Rechtspflegerin Andrea Standtke das Bieterverfahren, 30 Minuten später war das Haus immer noch im Eigentum der Familie Krutzsch. Auf 65 000 Euro hatte der Sachverständige Johann Halbfas in seinem Gutachten den Verkehrswert des Hauses taxiert. Ein mögliches Gebot hätte gestern mindestens 70 Prozent dieser Summe erreichen müssen, also 45 500 Euro. Doch das wollte niemand zahlen.

Alt Werdohl-Betreiber Jürgen Krutzsch alias „Pöngse“ blieb dem Termin fern. Zum Termin eingefunden hatten sich hingegen Rechtsanwalt Ulrich Potthoff als Vertreter von „EOS Immobilienworkout“, dem Gläubiger und Betreiber der Zwangsversteigerung, und vier gute Freunde des Alt Werdohl, die eine rekordverdächtige Kulisse für das Scheitern der Zwangsversteigerung abgaben. Und sie formulierten Ansprüche ganz eigener Art: „Wenn wir das hochrechnen, was wir in den Jahren an der Theke gelassen haben, dann gehört uns das Alt Werdohl eigentlich schon.“

Ulrich Potthoff nahm den Ball auf und berichtete von einem Bürgermeister, der andernorts eine ähnlich prominent gelegene Kneipe vor dem Untergang rettete. Das gebe die Kassenlage Werdohls sicher nicht her, lautete die Antwort. Und so nahm der Anwalt zwei der Beobachter mit vor die Tür und bat sie zum Gespräch über eine mögliche Lösung für die Zukunft des Alt Werdohl – vielleicht könne ja ein Trägerverein das Gebäude übernehmen. Das Gespräch blieb ohne sofortiges Ergebnis, aber die Idee könnte ja weiter diskutiert werden.

Die Stammgäste neigten eher zum Schwarzsehen: „Wenn der letzte Musiker gegangen sein wird, lackieren wir die Wände in Schwarz. Dann tragen wir das Haus ordentlich zu Grabe.“ Auch am möglichen Nachruf wurde bereits gebastelt: „Es wäre in der Musikszene im Märkischen Kreis ein herber Verlust, wenn das Ding geschlossen würde.“ Im Gegensatz zum Untergangsszenario stand allerdings der Hinweis, dass Pöngse die Auftritte der Musiker schon bis zum 28. Dezember geplant habe – obwohl er angeblich froh sei, wenn die Last des Weitermachenmüssens ihm von den Schultern genommen wäre.

Schrecken Bauschäden Inverstoren ab?

Warum sich mögliche Investoren nicht um das Gebäude reißen, macht neben dem äußeren Eindruck das Gutachten deutlich: „Der bauliche Gesamtzustand des Gebäudes kann nur als unbefriedigend bezeichnet werden. Es sind erhebliche Aufwendungen erforderlich, um wieder eine ordnungsgemäße Nutzung zu ermöglichen“, schrieb Johann Halbfas und listete Feuchtigkeitsschäden und ein überprüfungs- und reparaturbedürftiges Dach auf. Zudem muss „die gesamte Installation überprüft und teilweise erneuert werden“. Auf gut 50 000 Euro schätzt der Gutachter die Summe, die zur Behebung der drängendsten Baumängel aufgebracht werden müsste.

Zur bereits bestehenden Jahresplanung der Auftritte passt der Termin für den zweiten Akt im Zwangsversteigerungsverfahren: Vor November wird es keinen Termin geben. Möglicherweise seien die Betreiber des Verfahrens dann auch bereit, ein Gebot unterhalb der gestern noch verbindlichen Grenze von 45 500 Euro zu akzeptieren, sagte Ulrich Potthoff.