Neuenrade.

Mit langen Haftstrafen müssen zwei Werdohler für die räuberische Erpressung und Entführung eines Taxifahrers aus Neuenrade in der Nacht zum 6. November büßen: Der 20-jährige Ideengeber und Anstifter wurde wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung, Geiselnahme, gefährlicher Körperverletzung und erpresserischen Menschenraubes zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Sein 22-jähriger Mittäter, der nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt wurde, muss für fünf Jahre und sechs Monate ins Gefängnis.

Der Taxifahrer, der sich wohl mehr als sechs Stunden in der Gewalt der Täter befand, habe „massive Bedrohungen“ und „ein Martyrium“ durchlitten, sagte der Vorsitzende Richter Marcus Teich in seiner Urteilsbegründung. „Er konnte nie wissen, was als nächstes passieren würde.“ Froh zeigte sich das Gericht darüber, dass der 33-Jährige, der Todesängste durchlitt, „keine bleibenden Schäden“ davontrug und seinen Beruf inzwischen wieder ausüben kann.

Schuldfähig trotz psychotischer Erkrankung

Breiten Raum nahm am letzten Verhandlungstag noch die Frage nach der Zurechnungsfähigkeit der Angeklagten ein. Drei psychologische Gutachten machten jedoch deutlich, dass die beiden Täter durch Haschisch und Alkohol nicht wesentlich in ihrer Einsichts- und Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt waren. Auch die psychotische Erkrankung, die der 22-Jährige zur Erklärung seines Verhaltens angeführt hatte, erkläre nicht, warum der Angeklagte während der Tat über viele Stunden hinweg derart zielstrebig vorgegangen sei.

Er habe den Eindruck, dass der 22-Jährige seine von den Gutachtern durchaus bestätigte psychische Erkrankung „als einen gewissen Schutzschild“ benutze, sagte Richter Marcus Teich im Gespräch mit den beiden Gutachtern des jungen Mannes. Diese sahen auch beim Blick auf das Zusammenspiel von psychotischer Erkrankung, Alkohol- und Cannabiskonsum keinen Anlass, dem Angeklagten seine Schuldfähigkeit abzusprechen.

Zwei Jahre Erziehungsanstalt

Bei dem 20-Jährigen war die Situation noch klarer: Er war zwar nach eigenen Angaben in den ersten Stunden der Tat noch leicht angetrunken gewesen und hatte Marihuana geraucht, doch wertete die Gutachterin dies lediglich als Auslöser für eine gewisse Enthemmung während der Tat. Der Angeklagte habe eine eher überdurchschnittliche Intelligenz, befand die Chefärztin der Hans-Prinzhorn-Klinik, was Anlass für eine bittere Feststellung des Vorsitzenden war: „Er ist eine gescheiterte Existenz.“

Angesichts der Diagnose und wegen des vorbehaltlosen Geständnisses des jungen Mannes gab ihm die Kammer allerdings die Chance, seinen Drogenkonsum nachhaltig in den Griff zu bekommen: Der 20-Jährige geht zu Beginn seiner Strafe für zwei Jahre in eine Erziehungsanstalt, um an seinem Drogenproblem und sich selbst zu arbeiten. Es gebe bei ihm einen „erheblichen Erziehungsbedarf“, sagte Richter Marcus Teich. Das Angebot hat möglicherweise Folgen für die Zeit, die der junge Mann im Gefängnis verbringen muss. Sollte er die Drogenentzugstherapie im Maßregelvollzug erfolgreich absolvieren, könnte er nach der Hälfte der zu verbüßenden Strafe auf Bewährung freigelassen werden.

Für die Familie ist die Straftat und die Inhaftierung des 20-Jährigen bereits der zweite schwere Zwischenfall: Sein Bruder verbüßt derzeit eine sechseinhalbjährige Haftstrafe, weil er an einem räuberischen Überfall auf ein Ehepaar in dessen Werdohler Wohnung beteiligt war.