Neuenrade.

„Blei ist sehr sinnlich, es ist schwer, aber gleichzeitig auch sehr weich – wie eine Scheibe Brot“, sagt Künstlerin Jutta Rohwerder. Das Schwermetall ist eines der wichtigsten Materialien, die sie für ihre Kunstwerke verwendet. Die Giftigkeit und die graue Farbe des Bleis sind für sie weder herausfordernd noch einschränkend, erklärt sie.

Ab Sonntag stellt die Düsseldorfer Künstlerin ihre Werke in der Neuenrader Stadtgalerie aus. Klaus Peter Sasse, Bürgermeister und Vorsitzender des forumneuenrade, wird die Ausstellung mit einer Begrüßungsrede eröffnen. Die Kunsthistorikerin Maria-Ilona Mathes wird den Gästen eine erklärende Einführung in die Austellung bieten. Für 11.15 Uhr lädt das forumneuenrade alle Kunstinteressierten in die Stadtgalerie Niederheide ein.

Jutta Rohwerder schätzt die Form- und Dehnbarkeit des Schwermetalls, das sie überwiegend auf Schrottplätzen finde. So habe dieses gebrauchte Blei bereits eine eigene Geschichte, abhängig von den Orten, an denen es verwendet worden sei. Diese Vergangenheit des rohen Bleis habe einen Einfluss auf die Gegenwart, erklärt Jutta Rohwerder. Und so verwandelt sie den weggeworfenen Schrott in Kunst. Zuvor säubert und glättet sie das Blei, um es formbar zu machen.

Zentrales Motiv sind Behältnisse

„Ich schenk dir ein Kleid“ nennt die Künstlerin ihre Ausstellung in Neuenrade. Zentrales Motiv Rohwerders sind Behältnisse im weiteren Sinne. Dazu zählt sie auch Kleider. Sie formt das Blei zu Hosen, Röcken und zu Miedern.

„Leibchen oder Die erzwungene Nähe“, nennt Rohwerder eines dieser Werke, einen Kranz aus Blei, der wie ein Mieder geformt ist. „Es ist etwas Einengendes“, sagt die Künstlerin. Auffallend sind die bunten Fäden, die das Leibchen einst zusammenschnürten. Diese sind durchtrennt, die zugehörigen Knöpfe liegen auf einem Tisch neben dem Mieder. „Auch wenn man das Leibchen sprengt, es sind immer weitere Knöpfe da, die es zusammenhalten“, bietet die Künstlerin einen Interpretationsansatz. „Es zeigt aber auch die Lebensfreude, die man sich nicht nehmen lassen darf“, so Jutta Rohwerder weiter. Die angedeuteten Brüste auf der Vorderseite gäben dem Werk zudem etwas „Sinnliches“ und etwas „Knospendes“, erklärt die Künstlerin.

Schlager als Kontrast

Wesentlich leichter wirkt das übergroße Papierkleid, das, wie an einem riesigen Kleiderbügel befestigt, von der Decke hängt. Erst aus der Nähe erkennt der Betrachter, dass es aus hunderten von Gesangsbuchseiten besteht. Rohwerder nähte die einzelnen Seiten in Handarbeit zusammen und formte sie zu einem Kleid. Bilder von Monstern mischen sich mit den überwiegend kirchlichen Liedtexten. Dazwischen Passagen aus gängigen Schlagern, die mit Stempeln auf das Papier gedruckt wurden. „Ich habe ein halbes Jahr die Gesangstexte zusammengenäht und sie dabei immer und immer wieder gelesen. Da habe ich mich für die Schlager als Kontrast entschieden“, so die Künstlerin. Die Bilder von Vampirfledermäusen und Höllenfiguren verstehe sie als neuzeitliche Darstellungen von Monstern – im Gegensatz zu den historischen Monster-Malereien von Hieronymus Bosch.

Jutta Rohwerder verbrachte ihre Kindheit im Sauerland, lebt und arbeitet heute in Düsseldorf. Bereits während ihres Studiums der Germanistik entschied sie sich für eine künstlerische Laufbahn. Seit mehr als 30 Jahren unterrichtet sie in einer selbstgegründeten Malschule Kinder und Jugendliche.

Bis zum 5. Mai stellt Jutta Rohwerder ihre Werke in der Stadtgalerie aus. Diese ist mittwochs, freitags und sonntags jeweils von 15 bis 18 Uhr geöffnet.