Werdohl.
Völlig erschlagen steht ein Fan vor der Bühne der Musikkneipe Alt Werdohl. Der Titelsong der neuen Crystal-Breed-CD „The Place Unknown“ hat soeben die 15-Minuten-Marke durchbrochen. Von weiter hinten aus dem picke-packe vollen Saal pfeift mitten in einer ruhigeren Lied-Passage ein anderer Zuschauer, um sich – trunken vor Begeisterung – Erleichterung zu verschaffen. Der erste nickt und raunt vor sich hin: „Genau.“ Und da bricht auch schon ein Metal-Inferno auf der Bühne los.
„Beim letzten Mal, als wir hier gespielt haben“, sagt Gitarrist und Sänger Niklas Turmann, „war es ein Donnerstag. Heute Abend sind sogar noch mehr Leute da.“ Als ob es am Wochentag läge und nicht an der überragenden Musik.
Doch in manchen Augenblicken wird ihnen bewusst, was sie da leisten. Dann lächeln sie sich gegenseitig an, so als könnten sie es selbst gar nicht fassen, was sie da – ob bei älteren Stücken wie „Rockstar Wannabe“ oder ganz frischen Werken wie „Liar to Yourself“ – fabrizieren, ja zelebrieren, im Laufe dieses mehr als zweieinhalbstündigen Konzertabends.
Die Ruhe vor dem Sturm
Die Musik der Hannoveraner Band ist elegisch, verstörend, kunstvoll, verspielt, faszinierend, verzückend, orgiastisch: Da wechseln sich lange Instrumental-Soli von Turmann oder Pianist Corvin Bahn ab mit süßlichen Gesängen der beiden Frontmänner, so wie etwa beim Song „Floating“.
Dann fahren Bassist Nico Deppisch und Drummer Thorsten Harnitz mit bedrohlichen Rhythmen dazwischen. Und schon schreit Turmann mit ungezügelter Aggression ein paar Textzeilen heraus, bevor alles wieder etwas gemächlicher wird.
Die Ruhe vor dem nächsten Sturm. Ein Song heißt gar „Words of Silence“, doch auch der lässt schließlich ein Gewitter losbrechen. Das Ganze klingt immer wieder wie ein in Klänge gegossener David-Lynch-Film.