Nachrodt-Wiblingwerde.
Epochen mit vielen Wetterereignissen haben Waldbestände in aller Welt maßgeblich beeinflusst. Dr. Mathias Niesar, Leiter des Pflanzenschutzdienstes beim Landesbetrieb Wald und Holz in Gummersbach, beruft sich bei seinen Forschungen nicht nur auf Bohrungsergebnisse, die weit zurück liegen, sondern versucht durch Forschungen in der Gegenwart, Prognosen für die Zukunft zu stellen. Studienergebnisse stellte er am Montag der Forstbetriebsgemeinschaft Nachrodt-Wiblingwerde im Schlosshotel Holzrichter vor.
Dr. Mathias Niesar rechnet zwischen 2071 und 2100 mit zunehmender Temperaturvariabilität. Die Erben der heimischen Waldbesitzer könnten sich freuen, wenn die vorausgegangene Generation gut mitgedacht und zum Beispiel die Eichen gut beschattet hat. „Der Eichenprachtkäfer mag es nämlich gern warm“, erklärte der Referent den Nachrodt-Wiblingwerder Waldbesitzern. Auch eine einst befallene Eiche, die von dem Schädling bereits verlassen wurde, könne dem Erhalt von Beständen nützlich sein: Das Totholz biete nämlich dem Feind des Schädlings Unterschlupf. „Insgesamt erhöht das auch die Biodiversität im Wald”, so Niesar.
Nottrieb geht an die Reserve der Bäume
Noch ist der Eichenprachtkäfer ein unbekannter Feind. Wie seine Populationen ausfallen, lasse sich nicht nachweisen, so der Experte. Einfacher macht es den Forschern das Buchdruckerweibchen: Es legt nachweislich 100 Eier im Frühjahr. Im Vergleich zu ihrem Lieblingswirt vermehrt sich diese Borkenkäfer-Generation jedoch sehr viel effektiver: Die Fichte könne innerhalb von 100 Jahren eine Generation heranwachsen lassen, während ihr Feind in der gleichen Zeit 300 Generationen von Nachkommen erschaffen könne.
Auslöser allen Übels für die Eiche sei Raupenfraß: Er und ein zusätzlicher Faktor X bewirken das Eichensterben. Mit unvorhergesehenen Ereignissen könne die Eiche generell umgehen und einen Nottrieb starten, erläuterte Niesar. „Es gibt aber bereits jetzt in Deutschland Eichengenerationen, die in jüngster Vergangenheit sechs Stressjahre am Stück erleben mussten. Der Nottrieb geht an die Reserve der Bäume. Die kann aber nicht mehr aufgefüllt werden, wenn keine grünen Blätter mehr am Baum vorhanden sind”, beschrieb der Pflanzenschutzfachmann eine bedrohliche Entwicklung.
Buchen seien in Deutschland eingegangen, weil sie stagnierender Luftfeuchtigkeit ausgesetzt waren, erklärte Dr. Matthias Niesar seinen Zuhörern und riet ihnen, bei Wiederaufforstung und Bereinigung schon jetzt an bevorstehende klimatische Veränderungen zu denken und große Abstände zu von Schädlingen befallenen Gebieten einzuhalten. Die Evolution habe gezeigt, dass sich Gebiete auf natürlichem Wege verändern: „Wollen wir keine Verdrängung von einer Art durch die andere, müssen wir selbst entgegensteuern“, so Niesar.