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Gründe dafür gibt es viele: etwa die weit entfernt wohnenden Angehörigen, die eine regelmäßige Pflege nicht bewerkstelligen können. Nicht zu vergessen: der Kostenfaktor. Und das wirkt sich nicht nur auf die Optik der Ruhestätten, sondern auch auf den Etat der Friedhofsträger aus.
„Die Bestattungskultur hat sich in den vergangenen zehn, 15 Jahren extrem verändert“, sagt Roland Pfeiffer. Der Kirchmeister der Evangelischen Kirchengemeinde Oberbrügge weiß um die sich wandelnden Ansprüche an ein „modernes“ Grab, beschäftigt sich seit langem intensiv mit möglichen Alternativen zu den bekannten Wahl- oder Reihengräbern. Nicht zuletzt aus finanziellen Gründen. „Ein Friedhof soll sich normalerweise selbst über die Gebühren finanzieren“, sagt Pfeiffer. Doch dieser Optimalfall lasse sich in Oberbrügge nur schwer erreichen, sollen die Kosten für die Angehörigen der Verstorbenen nicht explodieren. Die Folge: eine Ruhestätte, die die ohnehin finanziell angeschlagene Gemeinde zusätzlich belastet. Also muss gehandelt werden – wenn nötig, auch mit ausgefallenen Bestattungsformen. Denn, so makaber es klingt: Auch Friedhöfe konkurrieren untereinander.
Auf Tagungen, bei denen die Verstorbenen auch als „Kunden“ bezeichnet werden, werden verschiedene Möglichkeiten der „Kundengenerierung“ aufgezeigt. Wie genau diese aussehen kann, hat Roland Pfeiffer etwa in Gelsenkirchen gesehen: „Dort gibt es Gemeinschaftsgräber mit unterschiedlichen Themen.“ Dort werde etwa Golgatha, jener Hügel, auf dem Jesus gekreuzigt worden sein soll, nachgebildet. Ein anderes Gräberfeld soll anhand eines alten Kahns die Reise ins Jenseits symbolisieren. Formen, die den Friedhof beinah zu einem „Event“ werden lassen. „Natürlich muss man vorsichtig agieren“, sagt der Oberbrügger Landschaftsarchitekt.
Immer beliebter und weitaus zurückhaltender: Ruheforste. Dort werden die Urnen in unmittelbarer Nähe zu Bäumen platziert. Ein Trend, von dem etwa der Hagener Ruheforst profitiert. Und: Auch in Oberbrügge beschäftigt man sich intensiv mit dieser Art der Beisetzung, wenngleich es dort keinen Baumbestand gibt. „Aber es gibt Alternativen, die sich besser umsetzen lassen“, so Roland Pfeiffer, „etwa in Form einer Staudenbepflanzung“.
Den Wunsch nach pflegeleichten Gräbern hören auch Brigitte Willnat und Marina Wegerhoff immer häufiger. Sie zeichnen für die Verwaltung der evangelischen und katholischen Friedhöfe verantwortlich. Wenn anonyme Beisetzungen auf beiden Seiten der Elberfelder Straße auch nicht möglich sind, so gibt es auch hier die Möglichkeit, ein auf lange Sicht preisgünstiges Grab zu erwerben. Zwar sind die so genannten Reihengemeinschaftsgräber (Erdbestattung 2126 Euro, Urnenbeisetzung 1270 Euro) auf dem evangelischen Friedhof zunächst einmal teurer als die selbst gepflegten Wahlgrabstätten (664/584 Euro). Doch dafür ist die eigene Pflege der Gemeinschaftgräber nicht notwendig. Denn die ist im Preis inbegriffen. Das gilt ebenso für den katholischen Friedhof, wo eine „Grabstätte ohne Gestaltungsmöglichkeit“ 1820 Euro (Erdbestattung) beziehungsweise 910 Euro (Urne) und damit zunächst das Doppelte bis Dreifache eines Reihen- oder Wahlgrabs kostet. Ähnlich in Oberbrügge: Dort kostet die Reihengemeinschaftsgrabstätte für Erdbestattungen 1698 und für Urnen 924 Euro, das Wahlgrab kostet 951 beziehungsweise 495 Euro. Die Pflege durch die Angehörigen entfällt, Blumen werden an den Grabplatten (bei den evangelischen Friedhöfen) oder auf dem Rasen der katholischen Einrichtungen geduldet, sollten aber meist an einer gesonderten Stelle niedergelegt werden. Schließlich erschweren diese Trauerbekundungen die Pflege der Rasenflächen. Ein Problem, den viele Menschen bei der Wahl des Grabs zu Lebzeiten aus den Augen verlieren, wie Barbara Friemann vom gleichnamigen Bestattungsinstitut sagt. „Es kommen von den Angehörigen im Nachhinein oft Bedenken, wenn sie keinen Ort zum Trauern haben.“