Herscheid. .

„Schon als Kind hat mich die Eisenbahn fasziniert“, erinnert sich der Dietmar Kunen. Aus dem Küchenfenster des elterlichen Wohnhauses in der Papenkuhle in Plettenberg beobachtete er die Eisenbahn, die zwischen Plettenberg und Herscheid verkehrte. „In dieser Zeit bin ich Eisenbahn-Fan geworden.“

Bis heute befasst sich Kunen intensiv mit der regionalen märkischen Eisenbahngeschichte. Im Zuge dessen stieß er jetzt im Staatsarchiv in Münster auf hochinteressante Akten der Königlich Preußischen Eisenbahnverwaltung, Direktion Elberfeld aus dem Jahr 1906.

Danach sollte die Bahnstrecke nicht nur von Plettenberg bis nach Herscheid, sondern von dort über Lüdenscheid bis zum Ortsteil Brügge gebaut werden. Bekanntlich ist es beim Streckenabschnitt von Plettenberg nach Herscheid geblieben, mit dem Einweihungsdatum 8. Juli 1915. Erdarbeiten seien damals bereits über Herscheid hinaus erfolgt. Im Zuge des 1. Weltkriegs sei die Planung nicht weiter verfolgt worden, weiß Kunen. „Da fehlten die Finanzmittel.“ Die Gemeinde Herscheid habe in den 1920er Jahren versucht, den Bau der Bahn wieder zu beleben, spätestens aber mit Einsetzen der Inflation im Zuge der Weltwirtschaftskrise habe sich das Thema erledigt. Und später habe sich schließlich der Kraftverkehr auf den Straßen durchgesetzt.

Auch wenn die Planung nie umgesetzt wurde, der Blick in die Akten, den „Erläuterungsbericht zu dem allgemeinen Entwurf einer Nebeneisenbahn von Brügge über Lüdenscheid nach Plettenberg“, zeigt eine bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Planung. Mit der Berechnung und Auflistung der Steigungen, eine Übersicht zum Grunderwerb und natürlich die Auflistung der Kosten für den 33,9 Kilometer umfassenden Streckenabschnitt. Eines nämlich war klar in dieser Zeit: Die Bahn musste so leistungsfähig sein, dass innerhalb kurzer Zeit ein Truppentransport durchgeführt werden konnte.

Da heißt es einleitend, dass in den von der Bahn durchzogenen Gebieten Land- und Waldwirtschaft, Viehzucht, Kleingewerbe und Industrie die Haupterwerbszweige sind und die Herstellung der neuen Bahnlinie eine Besserung auf diesem Gebiet erhoffen lässt. „Sie würde aber auch Veranlassung bieten zur Anlage neuer Werke von Ziegeleien und Werke zur Bearbeitung von Hölzern und Metallen, da für Ziegeleien Lehmboden und ebenso wie für andere gewerbliche Anlagen Wassergefälle und Arbeitskräfte im Bereiche der Bahnlinie reichlich vorhanden sind.“ Aufgrund der Topographie sah die Planung mächtige Tunnelbauten, Brückenbauwerke oder Unterführungen vor, wie etwa auf dem Höhenrücken zwischen dem Verse- und dem Ahetal, wo ein Tunnel von 650 Metern Länge vorgesehen war. Ein weiterer Tunnel wäre in Herscheid von der Helle bis unterhalb der Schützenhalle verlaufen, in einer länge von ca. 300 Metern. Insgesamt waren vier Tunnel mit einer Gesamtlänge von 2175 Metern geplant mit veranschlagten Kosten in Höhe von 1,84 Mio. Mark. Die Gesamtkosten für diese Bahnstrecke bezifferte die Königliche Eisenbahndirektion auf 9,8 Mio. Mark, pro Eisenbahnkilometer 289 100 Mark.