Werne. . Im Prozess um den Mord an der Besitzerin eines Pferdehofes in Stockum fordert die Staatsanwaltschaft lebenslange Haft. Sie sieht es als erwiesen an, dass die 26-jährige Angeklagte ihre 65-jährige Bekannte aus Habgier erstochen hat. Ein Urteil soll voraussichtlich kommenden Monat fallen.

„Lebenslänglich wegen Mordes aus Habgier“ fordert die Staatsanwaltschaft für die 26-Jährige Frau aus Werne, die im Oktober 2010 die 65-Jährige Hofbesitzerin Elsbeth B. mit 22 Messerstichen getötet hat. „Motiv für die Tat war nicht die Tierliebe, sondern dass sie den Hof erwerben wollte“, so Staatsanwältin Barbara Kunze am Mittwoch. Als Tatmotiv nannte sie die finanziellen Probleme der Angeklagten, die sie im übrigen für voll schuldfähig ansieht.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft ist für die junge Frau vor zwei Jahren ein „Lügenkonstrukt“ zusammen gebrochen, das sie sich über Jahre aufgebaut hat. Mit fünf Jahren kam die Angeklagte mit ihrer Familie „für ein besseres Leben“ von Polen nach Deutschland, wo sie dem Wunsch ihrer Eltern folgend Jura studierte, sich aber vielmehr für Pferde als für Paragraphen interessierte. Ihr erstes Pferd kaufte sie sich heimlich und beichtete den Kauf erst sehr viel später, weil sie ihren Eltern nach wie vor ein erfolgreiches Studium vorgaukeln wollte.

Zudem brachte sie ihre Liebe zu Pferden auch in finanzielle Probleme, die an einem bestimmten Punkt nicht mehr für sie lösbar waren. Für die Staatsanwaltschaft ein weiterer Grund für die Überzeugung, dass die Angeklagte keinesfalls aus Tierliebe, sondern vielmehr aus Habgier gehandelt hat.

Von der Jura-Studentin zur Post-Zustellerin

Mit nur geringen Einnahmen als Postzustellerin war die gescheiterte Jurastudentin weder in der Lage die laufenden Kosten für die Pferde (680 Euro im Monat) plus Futter und Tierarzt zu bezahlen noch ihre Kredite zu bedienen. Schlussendlich wurde sogar das Konto ihres Vaters gepfändet und sie selbst beging Tankstellenbetrug, betrog über das Internetportal „ebay“ und fälschte Gehaltsabrechnungen, um weitere Kredite zu bekommen.

Als dieses Vorhaben scheiterte, musste die Hofbesitzerin sterben, damit die Angeklagte für angeblich 80000 Euro den Hof übernehmen konnte, auf dem die Tiere ihrer Darstellung nach unter „desolaten Zuständen“ leben mussten. Das habe sie mit ihrer Tierliebe nicht mehr vereinbaren können, deshalb habe sie im Zustand eigener Ohnmacht gegen diese Missstände zum Messer gegriffen. Die geschilderten Missstände hätten sich nach der umfassenden Beweisaufnahme allerdings nicht bestätigt, so die Staatsanwaltschaft, die deshalb den Vorwurf der Habgier bestätigt sieht.

Keine rechtlichen Fehler

Ob es im Vorfeld der nunmehr über 50 Tage dauernden Verhandlung vor dem Schwurgericht unter Leitung des Vorsitzenden Richters Wolfgang Meyer zu Prozess relevanten Fehlern gekommen ist, diese Frage unterzog Staatsanwalt Dr. Philip Seel einer rechtlichen Würdigung und wurde von ihm eindeutig verneint. Sowohl die Kripobeamten als auch Richter Jörg Hüchtmann vom Amtsgericht Unna hätten keinerlei rechtliche Fehler bei den Vernehmungen gemacht. Der Verdacht sei geäußert worden, weil die 26-Jährige nach dem Mord zunächst als Zeugin und erst später als Beschuldigte vernommen und belehrt worden sei. In seiner Beurteilung stützt sich der Staatsanwalt auf die gängige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Nach dem Plädoyer der Anwälte wird das Urteil des Schwurgerichtes Mitte nächsten Monats erwartet.