Lünen.

Recht hat der Volksmund, Gelegenheit macht wirklich Diebe: Da lag eine vergessene Kreditkarte offen in einem Karton hinter der Kasse einer Tankstelle zusammen mit anderen Fundsachen und der dort beschäftigte junge Mann kaufte damit zwei Wochen lang locker ein. Mal für 27 Euro, mal für 500 Euro – 29 Mal für 3596 Euro.

Übrigens auch ein paar Mal in der Tankstelle selbst, wo er arbeitete. „Die Krönung des Wahnsinns“, kommentierte Richter Ulrich Oehrle diese Dreistigkeit. Bis der Kartendieb dort gefilmt wurde.

Wegen des Kartendiebstahls und 29-fachen Betruges verurteilt das Schöffengericht den 25-Jährigen Lüner gestern zu einem Jahr und 10 Monaten Haft auf Bewährung. Damit er das Urteil auch spürt, muss er 200 Stunden gemeinnützig arbeiten.

Der Angeklagte kleidete sich fürstlich ein, kaufte Bahntickets mit der Karte, speiste mehrmals bei McDonalds für 50 Euro und mehr. „Das musste doch auffallen“, sagte Richter Oehrle, der sich wunderte, dass der Inhaber die Karte nicht sperren ließ.

Das war aber schnell erklärt. Der Kartenbesitzer, ein Polizist, kaufte eigentlich immer nur mit seiner EC-Karte ein. Als er die einmal vergaß, setzte er die Visa-Karte zum Tanken ein und ließ sie just dort liegen, wo sie in dem Karton landete.

„Ich bekomme nur alle drei Monate eine Abrechnung, darum habe ich den Verlust der Kreditkarte gar nicht gemerkt“, berichtete der 52-Jährige. Was ja die fehlende Sperrung erklärte. Erst als ihm die Bank mitteilte, dass er seinen eingeräumten Dispo überzogen habe, wurde klar, was passiert war. Und die übernahm sogar die gesamte Einkaufssumme.

Jetzt müsse der Angeklagte damit rechnen, dass sich die Bank das Geld mit hohen Zinsen wiederhole, meinte der Richter. Vielleicht sogar über ein Inkassobüro. Er sah davon ab, den nicht vorbestraften jungen Mann als gewerbsmäßigen Betrüger zu verurteilen, weil es ihm so leicht gemacht worden war und die kriminelle Energie gering sei.

Das „arme Würstchen“ habe noch nicht mal die erste Ausbildung beendet, sagte Ulrich Oehrle. Mit dieser Vorstrafe seien seine Berufsaussichten jedoch schlechter geworden, gab ihm der Richter mit auf den Weg.