Frankfurt/Main. Geht es nach dem Börsenverein des deutschen Buchhandels, sollen E-Books vom ermäßigten Mehrwertsteuersatz profitieren. Auf gedruckte Bücher und Zeitungen kommen nur sieben, statt 19 Prozent Mehrwertsteuer. Das gilt noch nicht für E-Books. Dabei sollen diese gerade Kindern Lesen wieder näher bringen.
Der Markt für E-Books in Deutschland wächst. Die Verlage erwarten, dass sich der Anteil der E-Books an ihrem Umsatz bis 2015 auf 17 Prozent erhöhen wird, wie der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, Alexander Skipis, im dapd-Interview sagte. 2012 waren es zwei Prozent am Gesamtumsatz der Branche. Dennoch halte der digitale Markt auch derzeit ungelöste Probleme bereit, wie unzureichender Schutz des Urheberrechts im Internet oder die steuerliche Ungleichbehandlung von Printbüchern und E-Books. "Für E-Books gilt der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent", sagte Skipis. Dabei eröffnen digitale Bücher insbesondere Kindern, die bislang wenig lesen, neue Chancen, wie eine Studie der Stiftung Lesen zeigt.
Der Börsenverein fordert die Einführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auch für E-Books. In diesem Punkt seien E-Books gegenüber Printbüchern, auf die nur sieben Prozent Mehrwertsteuer gezahlt werden müssten, extrem benachteiligt. Diese Ungleichbehandlung, die sachlich nicht nachvollziehbar sei, verteure E-Books unnötig. Hinzu komme, dass E-Books in Herstellung und Vertrieb eigentlich günstiger seien. "Die Herstellung eines Printbuches macht etwa 10 bis 15 Prozent des Verkaufspreises aus", betonte Skipis. Mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz könnten E-Books ihm zufolge deshalb sogar bis zu 25 Prozent billiger sein als Printbücher.
Börsenverein ist gegen Kopierschutz auf E-Books
Ein weiteres Problem des E-Book-Marktes sieht Skipis im Bereich der Urheberrechtsverletzungen. Die Verlage würden in den Ausbau ihres digitalen Angebotes nur Geld investieren, sofern sich dies für sie finanziell auch lohne. Dies sei wegen der "Produktpiraterie" schwierig. "Wenn die Verlage ihre Produkte sofort im Internet auf diversen Plattformen wiederfinden, dann lohnen sich die Investitionen nicht mehr." Hier sei insbesondere die Politik gefragt, wirksame Instrumente - wie das von der Kreativindustrie geforderte Warnhinweismodell - gesetzlich zu regeln, um Abhilfe zu schaffen, erläuterte Skipis.
Zwar versuchten viele Verlage, den illegalen Download der E-Books durch einen Kopierschutz zu verhindern. "Davon raten wir als Verband den Verlagen eigentlich ab", betonte Skipis. Denn dies habe die "absurde Folge", dass auch derjenige, der ein Buch legal gekauft habe, in der Nutzung eingeschränkt sei, da er es nicht unbegrenzt auf jedem E-Reader oder Tablet-PC installieren könne. Der Börsenverein favorisiere eher "weiche Methoden" wie etwa ein sogenanntes digitales Wasserzeichen, mit dem die Datei den Namen des Käufers trage. Verbreite dieser ein E-Book illegal im Netz, sei dies jederzeit nachvollziehbar und verfolgbar. Das habe eine präventive Wirkung, meinte Skipis.
E-Books können Kinder ans Lesen heranführen
Als eine Art "Einfallstor", das bei Kindern und Jugendlichen das Interesse am Lesen wecken könnte, bewertet die Kommunikationswissenschaftlerin Simone Ehmig die digitalen Bücher. Die Leiterin des Instituts für Lese- und Medienforschung der Stiftung Lesen in Mainz untersuchte für eine Studie im vergangenen Jahr welchen Reiz E-Books im Vergleich zu herkömmlichen Büchern vor allem auf Kinder aus lesefernen Familien ausüben. Dazu wurde den Schülern mehrerer sechsten Klassen jeweils eine Bibliothek entweder als reine Print-Ausgaben, als E-Books mit den zugehörigen E-Readern oder in beiden Produktformen zur Verfügung gestellt.
Die E-Books hatten laut Ehmig in der Wahrnehmung der Kinder eindeutig die Nase vorn. Insbesondere der technische Anreiz und der Besitz eines E-Readers hatten den Effekt, dass die Kinder Lesen nicht mehr als "uncool" oder "anstrengend" empfunden hätten. Lesen werde für die Schüler durch E-Books attraktiver. Auch die Hemmschwelle, zum Buch zu greifen, sei gesunken, berichtete die Expertin. Während die Kinder am Regal vor einem dicken Buchrücken zurückschreckten, griffen sie beim Herunterladen ohne Scheu durchaus zu Büchern mit 500 Seiten.
Eines vermochten die digitalen Texte jedoch nicht: Die Kinder über den ersten Anreiz hinaus bei der Stange zu halten. "E-Books eignen sich vor allem dafür, Kinder ans Lesen heranzuführen", betonte Ehmig. Die Wissenschaftlerin kann sich jedoch durchaus vorstellen, dass mit entsprechenden Angeboten auch das längerfristige Leseverhalten der Schüler verändert werden könne. Die sogenannten Enhanced E-Books mit ihren Zusatzangeboten wie Links, Spielen oder Videos, die den Lesefluss unterbrächen, seien eine Chance. "Leseferne Kinder sind es eben nicht gewohnt, 30, 40 Seiten am Stück zu lesen", gab Ehmig zu bedenken. (dapd)