Werdohl. .
Das Kapitel ThyssenKrupp in Werdohl ist zugeschlagen: Das letzte von einst mehreren Tochterunternehmen des Essener Stahlkonzerns an der Lenne, ThyssenKrupp Automotive Systems, schließt Ende des Jahres auf dem Betriebsgelände im Ohl seine Pforten.
Zum 1. März 2012 hatte die Zahnradfabrik Friedrichshafen den Betrieb mit 38 Angestellten und elf Leiharbeitern von ThyssenKrupp mit dem Ziel übernommen, das Werk in Werdohl zu schließen und die Produktion der Fahrerhauslagerungen für Lkw zum Hauptentwicklungsstandort nach Stemwede-Dielingen bei Osnabrück zu verlagern.
Josef Brockhagen, letzter Betriebsratsvorsitzender des Werkes, zeigte sich gestern im Gespräch mit der WR zuversichtlich, dass ein guter Sozialplan ausgehandelt wurde und seine ehemaligen Kollegen eine neue Anstellung finden werden, sparte aber auch nicht mit Kritik am Konzern ThyssenKrupp.
Nur drei Kollegen, zwei aus Werdohl, einer aus Neuenrade, werden als Berufspendler mit nach Dielingen gehen. Eine einfache Strecke von Werdohl bis in den Kreis Minden-Lübbecke beträgt 207 Kilometer. Vier Mitarbeiter, darunter Josef Brockhagen, schieden mit der so genannten 57er-Regelung aus. „Der Betriebsrat hat außerdem die Initiative ergriffen, so sind elf Kollegen, unter anderem zu ThyssenKrupp-Töchtern, vermittelt worden“, berichtet Brockhagen. Ab dem 1. Januar 2013 werden die restlichen 20 Beschäftigten in der Transfergesellschaft Peag in Lüdenscheid „fit gemacht“ für den Arbeitsmarkt.
Hoffnung liegt auf Transfergesellschaft
In erster Linie sind Werkzeugmacher, Dreher oder Fräser betroffen, aber auch Mitarbeiter ohne abgeschlossene Ausbildung oder mit lange nicht mehr ausgeübten Berufen wie Maler oder Lackierer. Brockhagen: „Früher gab es einen Spruch: Metzger, Bäcker und Friseure werden bei Brüninghaus Ingenieure.“ Josef Brockhagen ist optimistisch: Bereits als 2008 nach der Wirtschaftskrise sieben Kollegen zu dem Personaldienstleister wechseln mussten, seien sechs wieder in Arbeit vermittelt worden.
Brockhagen selbst hatte 1988 beim damaligen Blattfedernwerk begonnen. „Wer bei Brüninghaus anfing, dachte immer, er hat einen Job fürs Leben“, erinnert sich der Neuenrader. 1999/2000 verlagerte ThyssenKrupp die Produktion von Werdohl nach Rumänien. Das Glück: Am selben Standort baute der Konzern die Firma Automotive Systems auf, die bis zuletzt die Nutzfahrzeug-Hersteller Volvo, Iveco, Renault und Scania mit komplett montierten Fahrerhauslagerungen belieferte.
In den Hochzeiten hatte der Standort bis zu 70 Beschäftigte; nach der Wirtschaftskrise 2008 kam der dauerhafte Abschwung. Zwar hatte ThyssenKrupp nach dem Ende von Bilstein noch zugesagt, zwei Millionen Euro in eine Modernisierung zu investieren, zog dann aber den Verkauf des riesigen Geländes und des letzten Werkes vor. Josef Brockhagen fühlt sich an eine Äußerung des damaligen Krupp-Vorstandsvorsitzenden Cromme erinnert, der schon vor bald 25 Jahren auf einer Belegschaftsversammlung angekündigt habe, „die Lenneschiene platt zu machen.“
Der in Neuenrade in Politik, Kultur und Schützenwesen stark eingebundene Brockhagen vergießt zum Abschied aber keine Träne: „Ich bin froh, dass ich auf diese Weise aus dem ThyssenKruppKonzern ausscheiden konnte.“