Unna. .

Wie mag das Berufsleben eines Kaufmannes wohl ausgesehen haben, damals, im späten 14. Jahrhundert? Wer sich in jener Zeit auf den Weg machte, um in fernen Städten Handel zu treiben, musste mutig sein. Die Handelsreise konnte sich über Monate hinziehen, Raubüberfälle, Seuchen, Krankheit oder gar der Tod mussten einkalkuliert werden. Auch zu Hause in Unna konnte in der langen Zeit der Abwesenheit Schlimmes geschehen, musste man mit Dieben, Mördern, Marodeuren rechnen oder auch ganz schlicht mit einer Feuersbrunst, die Haus und Hof dem Erdboden gleich machte. Bankschließfach und Girokonto waren in Nordeuropa noch unbekannt, was also blieb an Möglichkeiten, das eigene Hab und Gut zu sichern? Im Grunde ist die Antwort einfach: Man wählte eine klassische Form der Vermögenssicherung und vergrub es in der Nähe der eigenen Wohnstätte.

Auch der Goldschatz von Unna, der 1952 bei Bauarbeiten gefunden wurde, kam wohl aus Sicherheitsgründen in die Erde. Wer ihn jedoch dort vergrub und warum er für Jahrhunderte unbehelligt in der Erde liegen blieb, wissen wir nicht. Umso schönere Geschichten kann man sich also ausdenken über den wohlhabenden Kaufmann von der heutigen Massener Straße.

Die Geschichte vom Unnaer Goldschatz, der eine oder andere wird es wissen, erfuhr im Jahr 2009 eine Fortsetzung: Da nämlich stießen die ordnungsgemäß hinzugezogenen Archäologen vom Landschaftsverband bei Bauarbeiten nahe dem Goldfundort auf neue mittelalterliche Spuren, auf Keramikscherben und Tierknochen. „Relativ gewöhnliche Funde“, sagt Beate Olmert vom Unnaer Heimatmuseum, „Fundort war der rechteckige Kloakenschacht im Westen des Grundstücks.“ Auch einige, zum Teil sehr gut erhaltene Keramiktöpfe kamen zum Vorschein, in einem befanden sich die Schalen von drei Eiern, was den Forschern bis heute Rätsel aufgibt.

Was den Fund aber darüber hinaus so spannend macht, ist die zumindest theoretische Möglichkeit, dass die Dinge dem selben Kaufmann gehörten, der auch den Schatz vergrub. Für beides nimmt man eine Vergrabung Ende des 14. Jahrhunderts an.

Lange lagerten die Fundstücke beim Landschaftsverband, in der für Unna zuständigen Außenstelle, die sich sinnigerweise in Olpe befindet. Jetzt aber sind sie – endlich! – im Heimatmuseum in einer neuen Vitrine angelangt und unbedingt ein Gewinn für die sehenswerte, aber zwangsläufig etwas exponatarme Schau. Die Bandhenkeltöpfe – auch heute noch lieben viele Menschen diese Formen – dienten einst wohl zur Aufbewahrung von Lebensmitteln, und in einem liegen die ominösen Schalen; Gefäße wie die „Siegburger Kanne“ aus Siegburger Keramik jedoch, die auf den ersten Blick wie eine Blumenvase aussieht, dienten auch zur Aufbewahrung von Münzen. Und wieder möchte man spekulieren: Wurde der Unnaer Schatz einst in einem solchen Gefäß aufbewahrt? Oder doch eher in einem Lederbeutel? Wir wissen es nicht. Was wir wissen, ist, dass die Münzen von weit her kamen, 86 hatten eine Prägung aus Antwerpen, 45 aus Paris. Lebte er noch – der Hansekaufmann von der Massener Straße hätte viel zu erzählen.