Unna. .
„Nein“, sagt Dr. Chris Braumann, „meinen Glauben habe ich bei der Arbeit in Afghanistan nicht verloren. Aber mein Leben hat jetzt ganz andere Werte bekommen.“
Sechs Wochen lang bemühte sich der Oberarzt der Chirurgischen Klinik des Katharinen-Hospitals im größten Feldlazarett der Bundeswehr, in Mazar-i-Sharif, um die Rettung von Leben und das Heilen von Wunden. Wunden, die sich Menschen gegenseitig mit Bomben und Gewehren, Granaten und Messern beigebracht haben. Darunter auch viele Kinder, die bei den Angriffen von Aufständlern verletzt wurden. „Natürlich ist man bei der Arbeit in erster Linie Arzt und konzentriert. Patienten werden aus dem ganzen Land in das hoch moderne Krankenhaus eingeflogen und dort behandelt. Aber am Abend oder in der Nacht haben wir viel diskutiert und viel geschimpft, auf 40 Jahre Bürgerkrieg und die immer noch nicht enden wollenden Folgen.“
Wie zum Beispiel das Schicksal eines kleinen Mädchens, das auf dem Arm seines Vaters, ein angehender Polizist, das Haus verlässt, als ein dem Vater geltender Sprengsatz in die Luft geht. Die darin befindlichen Kugellagerkugeln schwirren explosionsartig durch die Luft, eine dringt in den Kopf des Mädchens ein. „Wenn solche Patienten dann ins bewachte Feldlazarett eingeflogen werden, dann gibt es natürlich Diskussionen über Ethik und Moral. Das ist doch ganz normal. Aber ändern werden wir das nicht.“
Aber es sind nicht nur die Kriegsverletzungen, die ein internationales Ärzteteam im Rahmen des 28. Deutschen ISAF-Kontingents in Mazar-i-Sharif behandelt. So kam die Motivation des Unnaer Arztes, seine Hilfe in Afghanistan anzubieten, voll zum Tragen. Im Team mit neun weiteren Chirurgen konnte er während seiner freiwilligen Dienstzeit insbesondere Patienten aus der lokalen Bevölkerung versorgen. Darunter Verkehrsunfälle, häusliche Unfälle und Gewalt. Darüber hinaus wurde ein humanitäres deutsches Kinderprojekt in Kabul durch Dr. Chris Braun, weitere Mitarbeiter des Krankenhauses und der ISAF mit Spenden unterstützt.
„Ich konnte hier in Unna nicht nur meine Vorgesetzten und die Klinikleitung von der Notwendigkeit eines solchen Einsatzes überzeugen. Bevor ich geflogen bin, haben die Kollegen auch noch über 1000 Dollar gesammelt.“ Geld, das schließlich eine deutsche Stiftung erhielt, die auch das am Kopf verletzte Mädchen nach dessen Operation im Militärhospital zur weiteren Pflege und Behandlung übernahm.“
Denn neben den hoch technisierten und spezialisierten Einrichtungen der ISAF herrschten in den Afghanischen Krankenhäusern, wenn sie denn überhaupt betrieben würden, nach wie vor katastrophale Zustände. „Es gibt im ganzen Land Korruption, da ist der medizinische Bereich nicht ausgenommen,“ musste Dr. Braumann während seines Aufenthalts bitter erfahren. Aber er erfuhr auch, dass Afghanistan ein wunderschönes Land mit liebenswerten und fröhlichen Menschen ist, die in Frieden leben wollen. „Wenn ich morgen gebraucht würde, ich würde wieder fliegen“, so das Fazit des charismatischen Arztes, der bereits seit vielen Jahren den Gedanken an einen humanitären Einsatz in einem Krisengebiet auf der Welt mit sich herumtrug.
Einsatz nicht bereut
Dass es letztendlich Afghanistan geworden ist, ist eher Zufall. Dr. Braumann, der vor seiner Tätigkeit am Katharinen-Hospital an einer Berliner Klinik gearbeitet hat, brachte dort mit Kollegen einen speziellen Leitfaden über schwer heilbare Wunden heraus. Unter ihnen auch der Koordinator für die deutschen Ärzteeinsätze in Mazar-i-Sharif. „Er hat angefragt und ich habe ja gesagt. Und ich habe es bis heute nicht bereut, obwohl wir viel geschimpft haben...“