Rees. Schüler der Reeser Rheinschule versetzten sich in die Situation der Täter underfuhren so hautnah, welche Konsequenzen eine Straftat nach sich zieht.

Die Vernehmung in der Polizeiwache Emmerich fand Niklas Friedrich schon ein bisschen beklemmend. „Ich wurde zum Tathergang befragt, es wurden Fingerabdrücke vor mir genommen“, schildert er. Dabei hat der 17-Jährige sich nichts vorzuwerfen. Alles nur gespielt. Niklas mimte in einem Rollenspiel den Jugendlichen Yannik (17), der mit drei Freunden in der U-Bahn einen anderen Jugendlichen zusammengeschlagen und getreten hatte. Niklas kassierte dafür in der Rolle des Yannik zwei Tage Arrest, 70 Sozialstunden, 200 Euro Schmerzensgeld sowie die Auflagen, an einem Anti-Aggressionstraining teilzunehmen und die Drogenberatung aufzusuchen.

In der Rolle des Richters

„Krass“, findet Susan Gebauer (14) das Urteil. Auch gegen sie wurde in der Rolle des Täters Max eine vergleichbar hohe Strafe verhängt. Das Urteil sprach Finn Adems, ihr 15-jähriger Klassenkamerad. Er hatte die Rolle des Richters zugeteilt bekommen. Eine Woche lang stand bei den Schülern der 8a der Rheinschule Rees ein Gewaltpräventionsprojekt „Hast ‘nen Plan? – Jugendstrafrecht, Taten und ihre Folgen“ auf dem Stundenplan.

Das Besondere: Die Schüler lernten die Konsequenzen möglicher Straftaten aus erster Hand kennen. Denn die Vernehmungen wurden in der Polizeiwache, die Urteile im Landgericht gesprochen. „Das ist nicht selbstverständlich“, bedankte sich Schulsozialarbeiterin Petra Schlehbusch-Wingerath bei allen Mitwirkenden. Schlehbusch-Wingerath hatte das Projekt an die Schule geholt, erarbeitetet haben es Andrea Gerritsen, Schulsozialarbeiterin beim Theodor-Brauer-Haus, und Birgit Preuss, die im Bereich Kriminalprävention bei der Polizei des Kreises Kleve tätig ist.

Letztere begleitete die Schüler auch durch die Woche. Zunächst versuchte sie die Schüler dafür zu sensibilisieren, was überhaupt eine Straftat ist. „Ist es eine Straftat, wenn ein Obdachloser drei Tage nichts zu essen hatte und dann drei Brötchen mitgehen lässt?, Was ist, wenn ein Jugendlicher seine Initialen in einen Baum ritzt?“, hatte sie gefragt. „Anhand solcher Fragen wird deutlich, dass viele Unsicherheiten bestehen“, sagte sie gestern bei der Präsentation des Projektes im PZ der Schule.

Dort hatten Schüler, Eltern und Lehrer wie auch eine Delegation der Verwaltung Platz genommen, um sich über das Projekt durch die 17 beteiligten Schüler der Klasse 8a informieren zu lassen. Eine besondere Erfahrung für alle. Einige Schüler waren überrascht über das harte Urteil, Finn Adems hatte in der Rolle des Richters ein bisschen von der Macht gespürt, die von diesem Amt ausgeht. Finn Adems: „Das wurde durch die erhöhte Position, in der ich saß, noch unterstrichen.“