Holzwickede. .

Die Legende von Sankt Martin kennt jedes Kind. Die Geschichte, wie er mit einem „armen Mann“ seinen Mantel teilte, wird alljährlich, wie auch jetzt am Sonntag, als kleines Theaterstück aufgeführt. Dieses Ideal des Teilens lebt allerdings nicht nur in der christlichen Tradition, auch der Islam räumt ihm einen hohen Stellenwert ein. Ein Gespräch mit dem Imam der muslimischen Gemeinde Holzwickede, Youssef Zaher.

Es gibt fünf Säulen, die den Islam prägen: Das Glaubensbekenntnis, das Beten, das Fasten, die Reise nach Mekka und das Spenden. Allein, dass die Wohltätigkeit zu den Grundpfeilern der Religion gehört, beweist ihren Stellenwert im Islam. „Es besteht die Pflicht, 2,5 Prozent seines verfügbaren Geldes zu spenden“, erklärt Imam Youssef Zaher. Dabei orientiert sich der Betrag nicht an monatlichen Zahlungen, vielmehr ist es so, dass „das Geld ein Jahr lang geruht haben muss“. Jeder Gläubige legt dabei so viel Geld zurück, wie er kann. „Das gesparte Geld soll wirklich Überfluss sein“, erklärt der Imam.

Doch es existiert nicht nur die Pflicht zu spenden: „Wir haben auch freiwillige Spenden“, erklärt der Imam, „Spenden hat bei uns viele Gesichter.“ Was er meint, ist, dass es nicht immer Geld sein muss. Wer nicht viel besitzt, kann etwa auch seine Arbeitskraft spenden und dort ehrenamtlich mit anfassen, wo Hilfe gebraucht wird.

Das gespendete Geld wird für wohltätige Zwecke eingesetzt: „Entweder es bekommen Bedürftige vor Ort oder es fließt weltweit an Länder, die Hilfe brauchen“, erklärt der Imam. So seien Spenden den Tsunami-Opfern, aber auch den Opfern von Hurrikan Sandy in New York zugute gekommen.

St. Martin Thema im Kindergarten

In den Grundschulen und Kindergärten lernen die Kinder die Geschichte von St. Martin. Gibt es auch im Koran Vorbilder wie ihn? „Eine Person wie Sankt Martin gibt es nicht“, erklärt der Imam. Vielmehr dienen die Propheten den Kindern als Vorbilder: Abraham oder Moses zum Beispiel. Und natürlich Mohammed. Eine Überlieferung berichtet davon, dass er für bedürftige Reisende, die sein Dorf passierten, Geld gesammelt hat – egal ob Christ, Moslem oder Jude. Auch Gleichnisse bringen Kindern den Gedanken des Teilens näher.

Besonders komme der Gedanke des Teilens während des Opferfestes zur Geltung. „Von dem Bock, der geschlachtet wird, muss ein Drittel an ärmere Menschen gegeben werden“, sagt der Imam und erläutert, dass die Feier des Opferfestes auf Abraham zurückgehe: „Mehrfach hat ihm Gott im Traum befohlen, seinen Sohn zu opfern“, sagt der Imam. „Als er es tun wollte, stoppte ihn der Erzengel Gabriel und verkündete, dass es eine Prüfung gewesen sei, die er bestanden habe.“ Statt seines Sohnes habe Abraham einen Bock geopfert. „Um daran zu erinnern, feiern wir das Opferfest und wir teilen mit den Armen, damit alle Menschen daran Freude haben.“ Mit Freude auch nehmen die Grundschüler am Martinsumzug mit ihren Laternen teil. „Auch die Kinder unserer Gemeinde gehen mit, das ist doch selbstverständlich, da wir in einem christlichen Land leben. Wenn es andersherum wäre, und wir lebten in einem muslimischen Land, dann wären Christen ja auch eingeladen, mit uns Zuckerfest zu feiern.“