Kamen. .

Nebelschwaden wabern um die Kamener Konzertaula, die feuchte Kälte kriecht unter die Haut. Gemütlich ist anders. Auch drinnen, in der Konzertaula, ist die Stimmung düster.

Mahlers Siebte und ein Violinkonzert des den meisten Konzertbesuchern wohl unbekannten Komponisten Erich J. Wolff stehen auf dem Programm für das 2. sinfonische Konzert der Neuen Philharmonie Westfalen. Generalmusikdirektor (GMD) Heiko Mathias Förster hätte die passende Musik für diese dunkle Jahreszeit nicht besser wählen können.

Beiden Stücken gemein ist nicht nur, dass sie eine düstere und bedrückende Stimmung erzeugen, sondern sie sind beide auch noch unfassbar schwer zu spielen. Von den Musikern werden mindestens genau so hohe mathematische wie musikalische Fähigkeiten erwartet, so intensiv muss hier gezählt werden, um den richtigen Einsatz nicht zu verpassen. Ein Trööt an der falschen Stelle und die Aufführung des Werkes bricht in sich zusammen, und die Musiker können ihre Instrumente einpacken.

Die Musiker der Neuen Philharmonie mussten nicht einpacken, sehr zum Glück der doch recht überschaubaren Zuschauerzahl, die den Verlockungen von König Fußball an diesem Abend widerstanden hat. GMD Förster hatte das Orchester exzellent auf diesen Abend vorbereitet, und die Konzentration auf dem Podium war selbst im Zuschauerraum beinahe greifbar.

Das Violinkonzert in Es-Dur von Erich J. Wolff wurde seit seiner Entstehung im Jahr 1909 – wenn überhaupt – nur selten aufgeführt. So selten, dass nicht einmal mehr die Noten der Orchesterstimmen aufzutreiben waren. Diese mussten für das Konzert der neuen Philharmonie extra aus der einzig verfügbaren Partitur heraus geschrieben werden. Dementsprechend aufwändig war auch die Einstudierung, für die sich das Orchester und Sophia Jaffé als Solistin besonders viel Zeit genommen haben. Das Ergebnis dieser sorgfältigen Vorbereitung war die Aufführung eines Werkes der Spätromantik dem selbst aber auch gar nichts Romantisches mehr anhaftet. Kontrabässe, Celli und Bratschen sorgen für eine dunkle Grundstimmung. Solistin Sophia Jaffé setzte mit kraftvollem und energischen Strich die Akzente.

Von Erich J. Wolff ist überliefert, dass er seinerzeit in Wien ein Auge auf die hübsche Alma Schindler, die spätere Ehefrau Gustav Mahlers geworfen hatte. Warum? Gut vorstellbar, dass Alma sich für den begnadeteren Komponisten von beiden entschieden hat. Denn Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 7 in e-Moll war eindeutig das bessere Werk an diesem Abend. Der erste Satz erklingt monumental atonal und stößt auch heute noch an die Grenze unserer Hörgewohnheit. Die Sätze II und IV tragen nicht zu Unrecht die Bezeichnung Nachtmusik. Doch immer wenn es zu harmonisch werden droht, drischt der Komponist dazwischen. Und das Finale erst... Wahnsinn! Schöner kann man wohl nicht ertauben, als in einem solch furiosen Tutti. Zumal wenn es in einer solchen Qualität dargeboten wird. Das Publikum bedankte sich mit anhaltendem Beifall.