Werne. .

Die Arbeitsbedingungen bei Amazon sind schlecht – darauf weisen unter anderem die Gewerkschaften immer wieder hin. Gestern wurden erneut Vorwürfe geäußert, dass das Unternehmen unmenschliche Arbeitsleistungen verlange und im Gegenzug wenig Kooperationsbereitschaft gegenüber den Mitarbeitern zeige.

Es werde ein ungeheurer Druck ausgeübt. Oft würden Mitarbeiter als „zu schlecht“ bezeichnet, die nur 97 Prozent ihrer Tagesleistung schaffen. Diese Prozentzahl allerdings sei, aus Sicht einiger Mitarbeiter, undurchsichtig berechnet. Es gebe bei Amazon keine Akkordvorgaben oder ähnliches, die Mitarbeiter könnten die vorgesehene Arbeitsleistung unmöglich erfüllen.

Abmahnung wegen Schokolade

„Es heißt immer: ihr seid zu schlecht, ihr müsst mehr Gas geben. Das hört man den ganzen Tag, auf und ab,“ sagte ein anonymer Mitarbeiter gegenüber dem Radiosender Antenne Unna. Ein weiterer berichtete davon, dass ein Kollege aufgrund eines Stücks Schokolade, dass er während der Arbeitszeit gegessen hatte, eine Abmahnung erhalten habe. Abmahnungen sind laut dieser Person häufig für Kleinigkeiten vorgekommen. Verständnis für einen verspäteten Bus oder ein kleines gesundheitliches Problem gebe es nicht.

Stattdessen waren nach Angaben eines Mitarbeiters massig unbezahlte Überstunden die Regel. Von April bis Mitte August seien die Mitarbeiter gezwungen worden, eine Sechs-Tage-Woche zu machen, plus noch täglich eine Überstunde. Das sei dann eine 52-Stunden-Woche gewesen.

Die hohe Mitarbeiterfluktuation bei Amazon ist ebenfalls ein Thema, bei dem das Internetversandhaus nicht gut abschneidet. Dass hier Heuern und Feuern nach amerikanischem Vorbild betrieben wird, ist bekannt. Das Feuern der Mitarbeiter geschehe aber oft erst am letzten Tag ihres auslaufenden Vertrages, kurz vor Schichtende.

In den letzten Monaten kamen schon öfters Vorwürfe gegen das miese Arbeitsklima bei Amazon auf. Offenbar hat das Unternehmen derzeit massive Schwierigkeiten, neue Mitarbeiter zu finden. Sogar Arbeiter von Zeitarbeitsfirmen weigern sich angeblich, bei Amazon zu arbeiten.

Gewerkschaft ist noch machtlos

Die Gewerkschaft ver.di will sich für bessere Arbeitsbedingungen bei Amazon einsetzen, zurzeit hat sie jedoch keine Möglichkeit zur Einflussnahme: „Ohne Betriebsrat sind wir machtlos,“ sagt ein Mitglied der Werner ver.di-Aktivisten. Er will nicht, dass sein Name gedruckt wird, Gewerkschaftsmitglieder fürchten Repressionen durch die Unternehmensleitung.

Einen Betriebsrat gibt es (noch) nicht. Stattdessen wurde ein sogenanntes Mitarbeiterforum installiert. Dieses sei aber sehr führungsnah und mit einem Betriebsrat nicht vergleichbar, sagt der anonyme Gewerkschafter: „Es ist eher ein Arbeitgeberforum.“

Ver.di plant aber, einen Betriebsrat zu gründen. Das wird jedoch nicht mehr in 2012 geschehen. Bei einer Versammlung im September vor den Amazon-Werkstoren wurden die Sorgen der Mitarbeiter abgefragt: Immer wieder wurde der Leistungsdruck genannt.

Gegenüber Medienvertretern signalisiert die Belegschaft Kampfbereitschaft: „Meckern können wir alle, nur wenn wir gemeinsam kämpfen, können wir etwas erreichen. Amazon ist zwar ein amerikanisches Unternehmen, doch wir sind hier in Deutschland. Hier herrschen deutsche Gesetze, und die wollen wir durchsetzen.“