Holzwickede. .

Susanne Joy ist 54 Jahre alt und wurde am 21. Januar 2009 neu geboren. „An diesem Tag habe ich mein Cochlea-Implantat eingesetzt bekommen in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH)“, erzählt die Holzwickederin. „Vorher war ich wirklich taub wie eine Nuss. Mit dieser Hörprothese kann ich wieder alles hören und vermutlich sogar besser als die meisten anderen Menschen.“

Die Geschäftsfrau, die mit ihrem Mann Siegmund und ihrer Schwester Jennifer ein Geschäft für Motorradbekleidung an der Bahnhofstraße betreibt, wird den Tag nie vergessen als drei Wochen nach der Operation in Hannover ihr CI aktiviert wurde. „Können Sie mich verstehen?“, fragte die Assistentin. „Mir kamen sofort die Tränen“, sagt Susi Joy. „Es war einfach unglaublich. Ich konnte ihre Stimme und auch die meines Mannes plötzlich klar und deutlich hören.“ Es war der Tag, als Susi Joy wieder in ihr Leben zurückfand. „Draußen vor der Klinik hörte ich die Vögel zwitschern. Da war auch ein Brunnen. Vor dem habe ich minutenlang gestanden und einfach nur dem Plätschern des Wassers zugehört. Ein unglaubliches Gefühl.“

Erblich bedingte Taubheit

Bis zu ihrem 17. Lebensjahr hörte die Holzwickederin noch völlig normal. „Danach wurde mein Hörfähigkeit immer schlechter“, sagt sie. „Das liegt irgendwie in meiner Familie. Mit 35 ging es dann ohne ein Hörgerät gar nicht mehr.“ Im Geschäft zog sie sich immer weiter zurück. „Wenn Kunden kamen, bin ich nach hinten gegangen.“ Wie viele Schwerhörige entwickelte Susi Joy die Fähigkeit des Lippenlesens zur Perfektion. „Wer mich nicht kannte, hat kaum gemerkt, dass ich fast taub war.“ Doch im Alltag zog sie sich immer weiter zurück. Selbst einfache Dinge, wie das Einkaufen beim Bäcker wurden ihr zur Qual oder gingen, wie das Radio hören oder fernsehen, gar nicht mehr. „Alle zwei Jahre brauchte ich stärkere Hörgeräte für ein paar tausend Euro. Zurechtgekommen bin ich mit keinem richtig. Am Ende konnte ich gar nichts mehr verstehen.“

Durch Zufall stieß die Holzwickederin in ihrem Hörgerätegeschäft auf die Broschüre mit dem Spruch „Taub und trotzdem hören“. Das ließ sie aufhorchen. „Ich war ganz aufgeregt und habe sofort zu Hause meinem Mann davon erzählt.“ Der rief noch am selben Tag die in dem Flyer angegebene Kontaktadresse einer Selbsthilfegruppe in Hamm an. Marlies und Rainer Wulf, die Gründer dieser Gruppe, besuchten Susi Joy ein paar tage später in Holzwickede und informierten sie ausführlich über diese neuen Hörprothesen. „Danach stand für mich fest: Ich will auch so etwas - so schnell wie möglich.“

Mit ihrem Mann Siegmund fuhr die Holzwickederin nach Hannover, um sich von Prof. Lenarz an der MHH untersuchen zu lassen. „Er hat die meiste Erfahrung mit diesen Implantaten. Er untersuchte mich und meinte dann: Ich sei die ideale Kandidatin für ein solches CI.“

Ganz aus dem Häuschen, konnte Susi Joy ihren OP-Termin kaum noch erwarten. Knapp einen Monat später war es dann soweit: „Die Operation war gar nicht so schlimm“, berichtet sie. „Ich habe mir gerade ein Zahnimplantat einsetze lassen. Das war viel schlimmer als meine CI-Operation.“ Auch heute, fast vier Jahre nach ihrer OP, könnte Susi Joy noch platzen vor Glück: „Ws ist einfach fantastisch. Obwohl ich erst ein Ohr habe operieren lasse, höre ich so gut wie ganz früher. Ich kann das gut vergleichen.“

Funktionsweise des CI und Kostenübernahme

Ein Cochlea-Implantat (CI) ist eine Hörprothese für Gehörlose, deren Hörnerv noch funktioniert.

Das CI-System besteht aus einem Mikrofon, einem digitalen Sprachprozessor, meiner Sendespule mit Magnet sowie dem eigentlichen Implantat, das sich aus einem weiteren Magneten, einer Empfangsspule, dem Stimulator und dem Elektrodenträger mit den Stimulationselektroden zusammensetzt. Die Elektroden werden in die Hörschnecke (Cochlea) implantiert. Die Sendespule des Prozessors haftet mit Hilfe der Magneten auf der Kopfhaut über der Empfangsspule des Implantats.

Weil es sich um einen Hörprothese handelt und nicht um eine Hörhilfe übernehmen die Krankenkassen alle die Kosten der recht teuren OP und Behandlung.

Ins normale Leben hat Susi Joy längst zurückgefunden. Selbst wenn ihr Geschäft voller Kunden ist, hat sie keine Probleme das Stimmengewirr zu verstehen oder noch dabei zu telefonieren. „Ich bin so glücklich. Aber es gibt so viele taube Menschen. Denen möchte ich Mut machen, sich auch ein solches Implantat einsetzen zu lassen. Viele meinen ja, für sie bringt das nichts. Aber zwei Drittel aller Tauben könnte mit einem CI auch wieder gut hören.“

Noch immer besucht Susi Joy regelmäßig ihre „Öhrchen-Gruppe“ in Hamm. Etwa 80 Personen treffen sich darin. Alle trafen ein CI. „Nicht alle hören wieder so gut wie ich“, räumt Susi Joy ein. „Aber ich kenne keinen, der es bereut hat, sich CI einsetzen zu lassen.“

Kontakt: Marlies und Rainer Wulf, T. 02385-3115, Fax: 02385-771236, E-Mail: info@ci-shg-hamm.de oder Internet: www.ci-shg-hamm.de