Dorsten. . Kämmerer Hubert Große-Ruiken zu Gast an der rollenden WAZ-Redaktion. Es gibt wenig Kritik von Bürgern zu den Sparplänen. Aber viele Fragen zu Ursachen und Details

Trotz der immensen Zumutungen, die das Sparpaket zur Sanierung der Stadtkasse für Bürger bereit hält, blieb die Resonanz am WAZ-Mobil beim Gesprächsangebot mit Kämmerer Hubert Große-Ruiken verhalten. Scharfe Kritik an den Einsparungen gab es am Donnerstag auf dem Markt nicht – dafür aber viele kluge und interessierte Fragen zur Situation, ihren Ursachen und Lösungsmöglichkeiten.

Hier einige Fragen der Bürger und die Antworten darauf:

Was sind die wesentlichen Ursachen für den gewaltigen Schuldenberg?

Die Sozialausgaben für Hartz IV und Grundsicherung seien „die mit Abstand größten Lasten“ im städtischen Haushalt, erläuterte der Kämmerer. Etwa 70 % der städtischen Ausgaben insgesamt seien gar nicht zu beeinflussen. Finanzielle Sprengkraft besitzen die steigenden Kosten für die Jugendhilfe (z.B. Heimeinweisungen).

Warum bekommt Dorsten zu seinen Sparbemühungen nur 3,15 Mio Euro Beihilfe vom Land – Castrop-Rauxel bei vergleichbarer Größe und Not aber das dreifache dieser Summe?

Grundlage der Berechnung war ein Gutachten, berichtet Große-Ruiken. Dessen Daten seien aber nicht sauber und für Dorsten „zu unseren Ungunsten falsch“. Die Stadt habe auf mindestens zwei Millionen Euro mehr gehofft und sei „fürchterlich enttäuscht“ gewesen. 2013 soll zwar eine Neuberechnung erfolgen. Die Stadt erwäge derzeit aber, schon gegen die Zahlungen für 2011 und ‘12 zu klagen.

Welche Rolle spielt Atlantis in der Dorstener Schuldenkrise?

Defizit, Zinsen und Baukredit zusammen gerechnet, kostet das Bad die Stadt jährlich drei Millionen Euro. Macht bei 350 000 Besuchern acht Euro Zuschuss pro Karte. Dass die überwiegende Zahl der Gäste aus anderen Städten kommen, findet Gruße-Ruiken nicht schlimm. Dorstener fahren auch zum Schwimmen in andere Gemeinden. In der Gesamtsituation sei Atlantis „nur eine Größe. Ohne das Bad hätte ich trotzdem ein Kassenloch von 20 Mio Euro.“

Müssen wirklich Schulen geschlossen werden, um die Finanznöte zu lindern?

„Das Schulproblem gibt es“, sagt Große-Ruiken. Die Standorte in der Lippestadt sind ausgelegt für 900 Kinder und Jugendliche pro Jahrgang. Tatsächlich werden es in absehbarer Zeit weniger als 500 sein. „Die Schüler sind nicht mehr da, aber die Schulen und die Kosten dafür.“ Beispiel Barkenberg: Die Grüne Grundschule ist ausgelegt für fünf Klassen pro Jahrgang, beherbergt aber tatsächlich nur drei.

Wie kann es sein, dass die Stadt Forderungen nicht fristgerecht eintreibt – wie jüngst in der Jugendhilfe passiert?

Der Stellenabbau der letzten Jahre (weiterer folgt) sei ein großes Problem in der Verwaltung. „Damit bleibt zwangsläufig Arbeit liegen. Personalabbau bleibt nicht folgenlos und wir springen manchmal von Loch zu Loch“, so der Kämmerer.

Besteht noch die Chance, die ausstehenden Gewerbesteuern der mittlerweile verstorbenen früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Agnes Hürland-Büning einzutreiben?

Ungewiss. Der Nachlass unterliegt einem Insolvenz-Verfahren. Als die Stadt der Politikerin die Zahlung damals stundete, hat sie diese zwar durch vorhandene Immobilien abgesichert. Wie viel Geld noch zu realisieren ist, hängt vom Fortgang des Insolvenzverfahrens ab.