Dresden. . In der Verfilmung von Uwe Tellkamps “Der Turm“ sind die Requisiten original DDR-Ware - sogar die Krankenhausbettwäsche. Das haben die Requisiteure einem Anästhesisten zu verdanken, der DDR-Medizintechnik sammelt. Er profitiert vom DDR-Boom beim Film - selbst die Schauspieler kennen ihn mittlerweile.

Wenn Sören Weber die Verfilmung von "Der Turm" im Fernsehen verfolgt, dann wird er das mit anderen Augen tun als die meisten. Die medizinischen Szenen stehen für den Dresdener Anästhesisten im Vordergrund, nicht nur von Berufs wegen. Der Hobbysammler historischer Medizintechnik aus der DDR hat das Filmteam mit Requisiten versorgt. Die MDR-Produktion nach Uwe Tellkamps Roman läuft am Mittwoch und Donnerstag (3./4. Oktober) im Ersten.

Webers Schätze verleihen dem Film die originale DDR-Optik. Wenn der Schauspieler Jan Josef Liefers in der Rolle des Arztes operiert, weiß der passionierte Sammler, dass er den Ost-OP-Tisch für die Szene organisiert hat. Weber gefällt es, dass bei den Dreharbeiten auf solche Details Wert gelegt wurde. "Die Requisiteure wollten diese Szene möglichst authentisch darstellen", lobt er.

Auch seine gefragteste Requisite spielt im Film mit. Um die grün gemusterte DDR-Krankenhausbettwäsche mit dem unverkennbaren Schriftzug "Gesundheitswesen" würden sich die Filmemacher mittlerweile reißen, erzählt er. Zeitgleich mit den Dreharbeiten zu "Der Turm" wurden die Aufnahmen zur TV-Serie "Weissensee" fortgesetzt.

Auch in "Barbara" kam die Bettwäsche schon zum Einsatz

"Genau in derselben Woche wollten beide Filmteams mir an die Wäsche", sagt Weber lachend und freut sich über das große Interesse. "Ich glaube, ich bin der Einzige, der noch so etwas hat."

Das muss sich seiner Ansicht nach unter den Requisiteuren herumgesprochen haben. Bereits bei dem als deutscher Beitrag für den Oscar nominierten DDR-Film "Barbara" kam die Sammlung zum Einsatz. "Es haben schon viele Leute dumm aus meiner Wäsche geguckt", scherzt Weber. Er besitzt 20 originale Garnituren, genug für eine kleine Krankenstation.

Arzt sammelt seit acht Jahren DDR-Medizintechnik

Seit acht Jahren sammelt der Arzt alles rund um die Medizintechnik der DDR. Begonnen hat er mit einem ausgeräumten Krankentransporter, den er nach und nach mit Ausrüstung bestückte. Heute füllt er drei Lager. Das älteste seiner zehn Fahrzeuge vom DRK der DDR und dem Rettungsdienst SMH (Schnelle Medizinische Hilfe) ist Baujahr 1969. Auch medizintechnische Geräte gehören zur Sammlung, an der sich der unterschiedliche Entwicklungsstand zwischen Ost und West ablesen lässt.

"Die Mangelwirtschaft hat vor dem Krankenhaus nicht halt gemacht", sagt Weber. Im Film zeigt sich das in einer Szene, in der es im Krankenhaus von der Decke tropft. Aber es gab auch ganz alltägliche Unterschiede, erklärt der Anästhesist. "Vieles musste wiederverwendet werden." Ein Beispiel seien die Glasspritzen, die nach jedem Gebrauch sterilisiert werden mussten. Die Nadeln dazu waren dicker als bei Einwegspritzen. Sie wurden mit der Zeit stumpf und blieben manchmal in der Vene hängen, erklärt Weber, der den Filmteams oft auch sein Wissen zur Verfügung stellt.

Der verrückte Anästhesist aus Dresden

An die Zustände von damals kann sich der 44-Jährige noch gut erinnern. Vor seinem Studium hatte er 1982 in einem DDR-Krankenhaus als Pfleger gearbeitet. Eigentlich wäre er auch gern zum Film gegangen, sagt Weber: "Aber die Genossen haben entschieden, dass ich Medizin studieren sollte." Durch die Sammlung kann er seine Faszination für den Film jetzt mit der Medizin verbinden. Selbst die Schauspieler kennen ihn schon.

Sie hätten einen OP-Tisch von so einem "verrückten Anästhesisten aus Dresden" am Set, habe ihr Mann Jan Josef Liefers erzählt, soll Anna Loos bei "Weissensee"-Dreharbeiten zu Weber gesagt haben. Die Schauspielerin sei ganz überrascht gewesen, dass eben jener vor ihr steht.

Gern wäre er häufiger am Set dabei, doch seine Arbeitszeiten im Rettungsdienst lassen das oft nicht zu. DDR-Filme werden zur Zeit wie am Fließband gedreht. Leben könnte Weber vom Verleih seiner Sammlung aber nicht, sagt er. Wenn er sich "Der Turm" ansieht, wird Weber die medizinischen Details genau unter die Lupe nehmen.

Auf Fotos von Filmszenen ist ihm bereits aufgefallen, dass Liefers den Arztkittel über Privatkleidung trägt. Das habe es in Ost-Krankenhäusern nicht gegeben, sagt er. Hätte die Kostümabteilung doch besser mal den verrückten Anästhesisten aus Dresden gefragt. (dapd)