Lünen. . Der Selbstversuch ist beendet. Eine Woche lang löste ein Elektroauto, ein Nissan Leaf, den Benziner im Alltag eines Redakteurs ab. Das Fazit kann kein einfaches Ja oder Nein zum Strom-Fahrzeug sein. sondern nur ein recht umfangreiches „Kommt darauf an.“
Als am Freitag der Nissan Leaf wieder abgeholt wird, ist es schon ein wenig schade, denn zum einen hat er doch ziemlich Spaß gemacht, zum anderen war der Umstieg zurück in den eigenen Benziner der eigentliche Augenöffner, wie anders das Fahren mit Strom ist. Plötzlich wirkt der gerade einmal fünf Jahre alte, genügsame und eigentlich zivilisierte Kleinwagen wie ein mechanisches, sich rüttelndes und lärmendes Relikt aus grauen Vorzeiten. Probleme brachten allenfalls die Umstände, wie zum Beispiel die zugeparkten Ladesäulen und der noch nicht vorhandene, aber machbare Stromanschluss an der heimischen Hauswand (wir berichteten). So etwas ist lösbar, auch wenn das erst einmal Vorarbeit und Umstellung erfordert.
Der Knackpunkt bleibt die Reichweite. Für den ganz überwiegenden Teil der Autofahrer würden die 130 bis 170 Kilometer, die im Nissan Leaf oder in ähnlichen Autos stecken, völlig reichen. Für den Testfahrer wäre es mehr als genug. Aber eben nicht für jeden.
Um den Elektroantrieb, in welcher Form auch immer, wird man zukünftig nicht mehr herumkommen. Schon deshalb nicht, weil Öl knapper wird und irgendwann zu wertvoll sein wird, um es durch den Auspuff zu jagen. Sicher, auch Strom wird teurer, ist mit erneuerbaren Energien aber im Prinzip unbegrenzt produzierbar.
Der Unterhalt ist billiger, die Anschaffung teurer
Was den Umweltaspekt von Elektroautos angeht, so hält eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg im Auftrag des Bundesumweltministeriums sie in der Gesamtbilanz für vergleichbar mit Verbrennern – zumindest dann, wenn sie mit dem üblichen Strommix geladen werden. Anders sieht es mit erneuerbaren Energien geladen aus. Dann hat der energieaufwendiger produzierte Stromer den Verbrenner nach 30 000 Kilometern eingeholt und fährt unterm Strich klar CO2-ärmer.
Dann wären da noch die Kosten: der Unterhalt des Stromers ist billiger, die Anschaffung teurer. Rechnen kann sich dies heutzutage erst nach recht hohen Fahrleistungen. Doch nur Stückzahlen lassen Produktionskosten und Preise purzeln – und die Verkäufe ziehen an, wenn auch eher in anderen Ländern. Es ist also eine Frage der Zeit, bis sich Elektroautos für mehr Menschen rechnen.
Reines Elektroauto - oder doch ein Hybridantrieb?
Lohnt sich der Umstieg jetzt? Kommt darauf an. Umweltfreundlicher wird’s derzeit mit Ökostrom-Vertrag. Wer sehr viel im Kurzstreckenverkehr unterwegs ist, zahlt nicht wirklich drauf, mittelfristig wohl auch weniger als für den Verbrenner. Was die Reichweite angeht, muss man sich fragen: Braucht man wirklich mehr als 120, 130 Kilometer zwischen den Ladevorgängen? Muss die einmal im Jahr vorkommende Urlaubsfahrt nach Spanien wirklich mit dem eigenen Auto passieren?
Wer es sich leisten kann, Vorreiter zu sein, und nicht aufs Geld achten muss, sollte zuschlagen. Wer ohnehin zwei Autos in der Familie hat, für den könnte ein Elektroauto bereits attraktiv sein. Andere werden sich derzeit eher Hybrid-Fahrzeuge oder solche mit sogenanntem Range Extender anschauen – allerdings bitte mit kritischem Blick und Taschenrechner in der Hand, denn mancher Diesel-Wagen fährt umweltfreundlicher und sparsamer. Für den Test-Redakteur, trotz völlig ausreichender Reichweite, lohnt der Umstieg noch nicht, denn den eigenen fünf Jahre alten Kleinwagen aufs Altenteil zu schicken, wäre schlicht Verschwendung. Wenn in drei, vier oder fünf Jahren ein Neukauf ansteht, dann allerdings wird die Rechnung noch einmal neu aufgemacht, und dann wird das E-Auto eine ernsthafte Option sein.