Unna/Wanne-Eickel. . Wo sonst Pferde und Reiter trainieren, findet Anfang Oktober eine der größten Liebesgeschichten der Weltliteratur statt
Nein, die Schauspieler werden nicht in Möhren bezahlt. Und die Geschichte wird auch nicht zwischen zwei verfeindeten Pferdehaltern angesiedelt. Da hat Regisseur Thomas Rech bloß geflunkert. Aber der Rest stimmt: Zum ersten Mal zeigt der Mondpalast Wanne-Eickel sein Erfolgsstück „Ronaldo & Julia“ in einer Reithalle: am 6. Oktober im Reitsportzentrum Massener Heide vor 1800 Zuschauern.
400 Reiter trainieren Tag für Tag in der Anlage von Thomas Wiese, Tendenz steigend. Auch die Wettbewerbe laufen prächtig, zum letzten Reitturnier kamen über 100 000 Besucher. Und wenn es mit Pferden so gut läuft, mag Thomas Wiese sich gedacht haben, läuft es (manchmal) vielleicht auch ohne. Deshalb wurde in seiner Halle auch schon Fußball gespielt und Party gefeiert. Aber Theater gibt es hier jetzt zum ersten Mal.
Eine echte Premiere
Auch für die muntere Mondpalast-Truppe um ihren Prinzipal Christian Stratmann ist dies eine veritable Premiere, obwohl das Erfolgsstück seit 2004 auf dem Spielplan steht. Mit ihm begann die Erfolgsgeschichte des Volkstheaters in Wanne-Eickel. 200 000 Menschen haben „Ronaldo & Julia“ bis jetzt gesehen, Gastspiele gab es in Stadthallen, in der Essener Gruga (3000 Zuschauer), in der Freilichtbühne Wattenscheid (2000 Zuschauer) – aber noch nie in einer Reithalle. „Mit dem Geruch müssen wir vielleicht noch etwas machen“, merkt Regisseur und Spaßvogel Thomas Rech an.
Die Geschichte aus der Feder des verdienten Hausautors Sigi Domke bedient sich bei Shakespeare und seinem weltberühmt-tragischen Veroneser Liebespaar. Doch während sich dort Capulets und Montagues spinnefeind sind, herrscht im Mondpalast Hass zwischen Kapulinskis und Montakowskis, weil die einen ebenso für Schalke glühen wie die anderen für Borussia. Und dann verlieben sich die Kinder ineinander. Grauenvoll, ganz grauenvoll. Nun gut, verraten sei noch, dass das Ende nicht gar so giftig ausfällt wie beim großen William, im Gegenteil. „Ronaldo & Julia“ ist doch eher eine Komödie.
Obwohl – da sind die Theaterleute ja eigen. „Eine Komödie ist nicht Comedy. Es darf nicht darum gehen, möglichst flach zu bleiben und einen Gag nach dem anderen herauszuhauen. Komödie ist immer auch Tragödie“, sagt Stratmann mit Nachdruck. Und er erinnert sich an die ersten Monate im Mondpalast, als sie den „richtigen“ Stoff für das Ruhrgebiet suchten. „Wir mussten das Volkstheater neu erfinden.“ Einfach Ohnesorg in Hamburg zu kopieren, verbot sich. „Fußball spielt im Ruhrgebiet eine andere Rolle als in Hamburg, das ist fast schon Religion.“
Aber ist es nicht ein unkalkulierbares Risiko, das Stück in eine Reithalle zu holen? Thomas Wiese bleibt erstaunlich entspannt. „Der Vorverkauf läuft gut“, sagt er, außerdem hat er einige potente Sponsoren im Boot, die erhebliche Kartenkontingente fest gebucht haben. „Wir hoffen zuversichtlich, aus dem Erlös noch etwas spenden zu können.“ Und das, obwohl alles Extra-Geld kostet, was in einem Theater sowieso vorhanden ist, die Bestuhlung, das Licht, die Akustik. Anders als im Mondpalast müssen die Darsteller hier mit Mikroports spielen, also mit drahtlosen Mikrofonen und Verstärkern.
Nächstes Jahr das nächste Stück
Erhebliche Sicherheitsauflagen müssen erfüllt werden – Fluchtwege, Rettungswagen, Feuerwehr und so fort. Und trotzdem denkt Thomas Wiese jetzt schon laut darüber nach, im nächsten Jahr vielleicht ein weiteres Erfolgsstück aus Wanne-Eickel in die Massener Heide zu holen: „Flurwoche“. Es sei denn, im Mondpalast würde die Fortsetzung von „Ronaldo & Julia“ auf die Bretter gestellt.