Rees. . Erzieher und Lehrer sind vor allem psychischen Belastungsrisiken am Arbeitsplatz ausgesetzt.

Wer kann das schon – zugleich gut hinhören und gut weghören? Erzieherinnen müssen tagtäglich diesen Spagat schaffen. Sie müssen gut zuhören, um auf die Bedürfnisse der Kleinen eingehen zu können und gleichzeitig den Lärm ausblenden. Das eine bedarf zusätzlich der Geduld und der Konzentration, das andere manchmal der Selbstbeherrschung. Der Job fordert zudem ein hohes Maß an Verantwortung, Improvisationstalent und Kreativität. Dann sind da noch die Eltern, die immer schwieriger werden... „Nicht selten sind es Erzieher, die in ihrem Beruf mental überfordert sind“, weiß Dr. Hans-Jürgen Bosma. Sie stehen damit in einer der vordersten Reihen der Gefährdeten, um psychisch zu erkranken – wie auch Ärzte, Lehrer, Pfleger und Polizisten.

An Burnout. Burnout heißt so viel wie ausgebrannt. Der Akku ist einfach leer. Nichts geht mehr. Dr. Bosma, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, hielt jetzt ein Referat über „Psychische Belastungsrisiken am Arbeitsplatz“ im Rahmen der Mitarbeiterversammlung der Pfarrgemeinde St. Irmgardis. Im Karl-Leisner-Heim machte er deutlich: Psychostress führt auf Dauer in die Depression. Eine Krankheit, die Zukunft hat: Im Jahr 2030, so lauten die Prognosen der Mediziner, wird sie bei uns die Volkskrankheit Nummer 1 sein. Und damit Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs überholt haben.

Hier ein paar Zahlen: Schon jetzt verzeichnen deutsche Firmen durch Depression elf Millionen Fehltage und durch Arbeitsausfall inklusive Behandlung einen volkswirtschaftlicher Schaden von 2,2 Milliarden Euro jährlich. Die Firmenchefs reagieren darauf. „Immer mehr Firmen investieren in die Gesundheit ihrer Mitarbeiter“, so Dr. Bosma. Weil sie psychisch gesunde Mitarbeiter brauchen. „Denn nur sie sind in der Lage, den Anforderungen zu entsprechen“, so Bosma.

Was hat dazu geführt, dass die Menschen ausbrennen? Ein Grund ist die Entwicklung von der Produktions- zur Dienstleistungsgesellschaft. Denn nur Kopfarbeiter erleiden einen Burnout. Waren vor rund 100 Jahren noch 35 Prozent der Deutschen in der Landwirtschaft, also fast nur körperlich tätig, so sind es heute nur noch drei Prozent. Statt dessen macht die Dienstleistung heute schon ein Drittel der Arbeit aus. Auch die Globalisierung hat ihr Scherflein beigetragen. „Wir haben jetzt nicht nur nationale, sondern internationale Konkurrenz“, erklärt Bosma. Das führt dazu, dass immer weniger Menschen immer mehr produzieren müssen. Hinzu kommt eine immer älter werdende Belegschaft. Gefährdet sind Menschen, die perfektionistisch, kämpferisch, eigensinnig sind. „Und auch solche, die gierig nach Macht, Geld und Ruhm sind“, erklärt Dr. Bosma. Was aber die wenigsten schaffen: Rechtzeitig den Weg zum Arzt zu finden, um Schlimmeres zu verhindern, wenn erste Anzeichen erkennbar werden: Schafstörungen, Tinnitus, unerklärbare Schmerzen, abnehmbare Arbeitsfähigkeit, Reizbarkeit.