Lünen. . „Ich habe deine Tochter umgebracht, ich werde sie dir in einer Tüte schicken – und jetzt bist du dran.“ Drastische Worte, die gestern am Landgericht Dortmund in Saal 129 im Mordfall Yasemin übersetzt wurden.

„Ich habe deine Tochter umgebracht, ich werde sie dir in einer Tüte schicken – und jetzt bist du dran.“ Drastische Worte, die gestern am Landgericht Dortmund in Saal 129 im Mordfall Yasemin übersetzt wurden. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Meyer hatte die Mutter des Mordopfers aus der Türkei einfliegen lassen. Die 57-jährige Frau sagte vor der Strafkammer aus, was sich über rund drei Stunden erstreckte und als ausgesprochen zähe Angelegenheit erwies.

Neue Details

Die Strafkammer bemühte sich nach allen Kräften, von der Frau die ganze Geschichte im Mordfall Yasemin zu erfahren. Die Mutter des Mordopfers schilderte dabei, wie sich ein Mann offenbar nach der Tat bei ihr in der Türkei telefonisch aus Deutschland meldete und den Mord mit drastischen Ausdrücken kund tat. Zwar sei keine Telefonnummer erkennbar gewesen, doch sie habe die Stimme des 34-jährigen Angeklagten deutlich erkannt, gab sie an.

Im Lauf der Aussage kamen darüber hinaus weitere Details ans Licht. Demnach hat der Angeklagte eine E-Mail an ein Mitglied aus Yasemins Familie geschrieben, in dem er den Mord ankündigt: „Ich werde Yasemin töten, sie betreibt Hurerei in Deutschland“, berichtete die Mutter. Auch ihr Sohn sei vom Angeklagten mit dem Tod bedroht worden. Nun will die Strafkammer den Computer mit der belastenden E-Mail beschaffen und möglicherweise auch noch den Sohn vorladen und aussagen lassen.

Langwierige Übersetzung

Dass Details wie die möglicherweise belastende E-Mail ans Licht kamen, ist der unermüdlichen Vorgehensweise der Strafkammer um den Vorsitzenden Richter Meyer zu verdanken. In mühevoller Kleinarbeit arbeiteten sie sich mit immer wieder umformulierten Fragen an die Mutter Detail um Detail vor. Die 57-jährige war sichtlich bemüht und auch willens, Rede und Antwort zu stehen. Doch selbst mit Übersetzer dauerte es mitunter gute zehn Minuten lang, bis der Vorsitzende Richter, der Staatsanwalt oder der Anwalt des Angeklagten sich verständlich gemacht hatten und eine zufrieden stellende Antwort erhielten.

So offenbarte sich Satz um Satz eine tragische Geschichte, die in der Türkei ihren Anfang nimmt und an einer Autobahn in Holland bitter endet. Yasemin wird 1978 in der Türkei geboren, besucht die Grundschule, hilft danach der Mutter im Haushalt. Später lernt sie einen Türken kennen, der in Deutschland geboren und aufgewachsen ist. Die Eltern bahnen eine Ehe an, die nicht lange hält. Yasemin kehrt zurück in die Türkei und lernt über Umwege den Bruder des Angeklagten kennen, heiratet diesen – aber nur zum Schein. Der Angeklagte findet Yasemin offenbar sympathisch, beide gehen eine offene Beziehung ein, sie hält von 2005 bis 2010.

Fortsetzung Mitte September

Yasemin zieht nach Lünen, lebt dort alleine, aber in Angst vor ihrem ehemaligen Geliebten, denn sie hatte sich inzwischen einem neuen, verheirateten Liebhaber zugewandt. Dessen Ehefrau und der Angeklagte sollen sich den Schilderungen entsprechend brutal an Yasemin und ihrem Liebhaber gerächt haben. Ihm wurde ein Schlägertrupp auf den Hals gehetzt, der ihn mit Holzknüppeln schwer verletzte. Yasemin selbst wurde den Schilderungen der Staatsanwaltschaft zufolge erwürgt und erschlagen, Anfang Februar 2011 wurde ihre Leiche an einer Autobahn in den Niederlanden gefunden. Der Prozess wird in der zweiten Septemberhälfte fortgesetzt.