Unna. .

In den USA vertrocknet der Mais auf den Feldern, in Brasilien fault das Zuckerrohr, aus dem man Benzin macht. Und bei uns ist das Wetter ideal. Auch der Niederschlag war gut und lag mit 700 Millimetern im langjährigen Mittel; ebenso lag der trockenere Osten Deutschlands mit 500 Millimetern im statistischen Durchschnitt. Der Regenschatten des Harzes ist an dieser relativen Trockenheit schuld, wissen Fachleute.

Man könnte also sagen, dass die heimischen Landwirte nicht von akuten, sondern höchstens von strukturellen Problemen beunruhigt werden. „Im langjährigen Durchschnitt ist die Rendite pro Hektar gesunken“, stellt Bernhard Albers fest, der in Unna Billmerich einen großen landwirtschaftlichen Betrieb hat und außerdem der Ortsvorsteher ist. „Das Flächeneinkommen pro Person sinkt“, präzisiert er. Und deshalb muss, wer überleben will, seine Flächen erweitern, muss erben, kaufen oder pachten. Immerhin hat dies zur Folge, dass die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Flächen groß ist und es brachliegende Äcker, verlassene Höfe praktisch nicht gibt.

Leistungsstarke Maschinen

„Das Land ist das knappste Gut, das wir haben“, bestätigt Heinz-Wilhelm Büscher, Geschäftsführer des Westfälischen Landwirtschaftsverbandes, Kreisverband Ruhr-Lippe mit Dienstsitz Unna, zu dessen Sprengel der Kreis Unna und die Städte Dortmund, Bochum, Hamm und Herne gehören. „Wenn ein Bauer aufhört und sein Land abgeben will, stehen oft drei, vier interessierte Nachbarn da, die die Flächen übernehmen wollen“. Weniger interessant sind häufig die Gebäude, die technisch oft nicht mehr auf dem letzten Stand sind. Überhaupt machen es immer leistungsfähigere Maschinen den Landwirten leicht, auch weit entfernt gelegene Flächen zu bearbeiten und die Gebäude zu konzentrieren. Während ein Schlepper früher gerade einmal 20 Stundenkilometer schnell war, sind Fahrzeuge heute für 40, 50, 60 Sachen zugelassen. Entscheiden ist, dass der Fahrer den entsprechenden Führerschein besitzt, der landwirtschaftliche gilt bis Tempo 40.

Wenn Bauer Albers im Moment allerdings an einer Flächenerweiterung interessiert ist, so hat dies vor allem familiäre Gründe. In wenigen Wochen wird der Sohn die landwirtschaftliche Fachschule absolviert haben und in den Betrieb eintreten. Der muss dann zwei Familien ernähren.

Mit etwa 160 Bullen, über 300 Schweinen und einer Ackerbaufläche von 200 Hektar zählt Albers seinen Betrieb zu den mittelgroßen. Auch jetzt schon produziert er meistens mehr Futter, als er selber verbraucht. Doch schreibt das Gesetz Veredelungsbetrieben wie dem seinen eine bestimmte Agrarfläche pro Tier vor, damit die tierischen Exkremente, vornehm „Wirtschaftsdünger“ genannt, nicht in zu hoher Konzentration auf dem Land versprüht werden. Das schont die Umwelt, und „das ist so auch in Ordnung“, wie Bernhard Albers sagt.

Chinesen kaufen Soja auf

Zulässig wäre es auch, die Exkremente auf anderer Bauern Felder zu versprühen, wenn eine Genehmigung vorliegt. Doch das ist teurer und deshalb bei uns die große Ausnahme. Für die Holländer allerdings ist der Gülletransport nach Duitsland manchmal lohnend; und er ist, wie Albers unterstreicht, auch rechtmäßig. Er selbst jedoch setzt auf mehr eigene Fläche, wenn seine Tierbestände wachsen sollen – auch, weil der Gesetzgeber die Maßzahlen verändern könnte, wie er es in der Vergangenheit schon mal getan hat.

Eiweiß kauft der Bauer zu – und muss feststellen, dass die Futterpreise seit dem letzten Jahr um 40 bis 50 Prozent gestiegen sind. „Sojaschrot kostet jetzt deutlich über 50 Euro pro Doppelzentner“, sagt er. Schuld daran sind die Chinesen, die auf dem Weltmarkt mittlerweile als größter Soja-Käufer auftreten. Sie verfüttern nur einen kleinen Teil und essen den Rest selbst, Sojabohnen, Sojaöl, Sojasoße…

Enttäuschende Gentechnik

Auch die Produktion von Biokraftstoffen drückt die Preise nach oben. Mittlerweile, so Albers, gibt es eine direkte Parallelentwicklung von Rohölpreis und Getreidepreis. Seit Biomaterial zum technischen Energieträger gemacht wurde, herrscht Mangel. Und das wird auch so bleiben. „Der begrenzende Faktor ist das Klima“, sagt Bauer Albers, „die Erträge dümpeln im Schnitt der letzten 20 Jahre dahin“. Die Gentechnik kann bei den Erträgen nichts verbessern, wenn der Regen ausbleibt. Da hatten die Monsantos dieser Welt etwas anders geglaubt. Oder doch wenigstens versprochen.

Was aber nun fangen junge Männer und Frauen an, die beispielsweise nach einer Landwirtschaftslehre in den Beruf wollen und keine Hoferben sind? Da hätte Heinz-Wilhelm Büscher einen Vorschlag zu machen. „Beim betrieblichen Hilfsdienst der Kammer herrscht akuter Personalmangel“, erzählt er. Gemeint ist jene Dienstleistung, die der gesetzlich krankenversicherte Landwirt gleichsam in Naturalien erhält, wenn er krank ist: Dann kommt der „Hilfs-Landwirt“ von der Kammer auf seinen Hof und erledigt die Arbeit. „Sieben festangestellte Landwirte haben wir hier im Moment“, sagt Büscher, „und ich könnte noch mehr brauchen.“ In akuten Fällen helfen sich die benachbarten Kammern gegenseitig; die Nothilfe für Ruhr-Lippe kommt derzeit aus Soest.