Dorsten. . Dr. Hans-Ulrich Foertsch setzt auf die kleine Karte mit der großen Wirkung
Das Thema Organspende wird von Zweifeln begleitet. Die Furcht vor Manipulation wächst. Der Grund: Es gibt Ärzte in Deutschland, die Empfänger von Spenderorganen selbst auswählen. Der Verdacht auf geldliche Vorteilsnahme ist zwar bisher nicht bewiesen. Dennoch: ein beherrschendes Thema dieser Tage.
Dr. Hans-Ulrich Foertsch ist Vorsitzender des Verwaltungsbezirks Recklinghausen der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Der 75-Jährige sieht das Problem woanders: „Das eigentliche Elend ist doch, dass es viel zu wenig Spenderorgane gibt. Darauf baut alles auf.“ Grundsätzlich von Manipulation zu sprechen, hält der Mediziner für falsch. Schließlich gebe es Organe, die sofort verwertet werden müssen. Dr. Foertsch spricht in diesem Fall von einem „unvermeidbaren Zwang“.
Für ihn steht fest: Es ist die fehlende Transparenz, die die Organspende immer wieder in Verruf bringt und für nachhaltigen Schaden sorgt. „Das ist eine Katastrophe. Es geht hier doch um reine Verfahrensfragen und nicht etwa um die Prinzipienfrage.“ Der Mediziner spricht sich für eine Überwachung durch unabhängige Ärzte aus.
Dr. Hans-Ulrich Foertsch kämpft seit vielen Jahren gegen Vorurteile und für eine höhere Spendenbereitschaft. Er hält Vorträge zum Thema Organspende und steht in Kontakt zu Spendern und zu Wartenden.
Dr. Foertsch weiß um die Tragödien, um die menschlichen Ohnmachten. Er kennt diesen schmalen Grat zwischen Hoffen und Bangen, diesen Grat, der über Leben und Tod entscheidet. Er weiß, wie es Leuten geht, die seit vielen Jahren Tag für Tag auf den Anruf warten, dass endlich ein Spender gefunden ist. Auf diesen einen Anruf -- den alles entscheidenden.
Die Fragen bei den Informationsveranstaltungen würden sich im wesentlichen wiederholen, sagt er. Ist der Hirntod endgültig? Wird vielleicht Sterbehilfe geleistet, wenn man Spender ist? Gibt es Beispiele von Organhandel? Was muss der Verstorbene über sich ergehen lassen? „Es ist erschreckend, welches Bild viele Menschen von einer Organspende haben“, berichtet Dr. Foertsch.
Es gebe keine einzige wissenschaftliche Arbeit, die beweist, dass der Hirntod nicht das Ende ist. „Der Verstorbene wird nicht als Gegenstand gesehen“, verspricht der Marler. „Der Verstorbene ist ein Wohltäter und wird auch als solcher behandelt.“ Organe älterer Menschen eignen sich im Übrigen genauso gut wie Organe jüngerer Spender. „Die Wahrscheinlichkeit, dass es brauchbar ist, also Leben rettet, ist sehr hoch“, sagt Dr. Foertsch.
Erst kürzlich habe er einen Vortrag gehalten, an dessen Ende eine Patientin aus Castrop-Rauxel aufstand und sagte: „Ich habe ein neues Herz bekommen. Ich kann meiner Tochter wieder helfen, mich um meine Enkeltochter kümmern. Der Spender hat nicht nur mich, sondern eine ganze Familie gerettet.“
Der Vorsitzende des Verwaltungsbezirks ergänzt: „Oder der Mann, der bitterlich weinte, als er seine Lebensgeschichte erzählte. Er hatte das große Glück, nach vielen Jahren eine Niere zu bekommen. Der Mann ist jetzt 56 Jahre alt und ein ganz neuer Mensch. Wunderbar, oder?“
Momente wie diese berühren Dr. Hans-Ulrich Foertsch. Und sie motivieren ihn. „Die Organe sind ja da. Sie zu bekommen, das ist das Schwierige. Für mich ein Akt der Nächstenliebe.“