Essen./Dorsten..
Kurz sackte Rainer S. nach vorne, stützte seinen Körper mit beiden Händen ab, schüttelte den Kopf. Zu fünf Jahren Haft hatte gerade die XXI. Essener Strafkammer die in Dorsten lebende Ex-Größe des Essener Milieus verurteilt. Steuerhinterziehung mit Schrott steht als Delikt zunächst am vorläufigen Ende einer langen Karriere in der Halbwelt.
Die langen grauen Haare wie immer zum Zopf gebunden, hatte der 64-Jährige sich auch im letzten Wort um einen gewissen Charme gegenüber dem Gericht bemüht. Immer wieder war am Donnerstag die ursprünglich auf 15 Uhr angesetzte Urteilsverkündung verschoben worden, bis Richter Wolfgang Schmidt endlich die Entscheidung bekannt geben konnte. „Tut mir leid, dass alles so lange gedauert hat“, entschuldigte sich unmittelbar davor Rainer S., weil sein Verteidiger Christoph Miczek bei einem auswärtigen Termin länger aufgehalten wurde.
Draußen hatten einige wenige alte Freunde ausgeharrt. Worüber man so spricht? Unter anderem über die Bierpreise auf der Gourmetmeile in Essen-Rüttenscheid, die am Tag zuvor in der Nähe des Gerichtes eröffnet wurde. Das Essen wird als lecker bezeichnet, die Bierpreise als moderat: „Für 0,25 Liter 2,20. Ist doch ok.“
Haftbefehl außer Vollzug
Möglicherweise konnten sie ihrem alten Freund Rainer S., der seit dem 20. Januar in U-Haft saß, gestern Abend das ein oder andere Gericht spendieren. Trotz der hohen Haftstrafe setzte die XXI. Kammer den Haftbefehl gegen ihn außer Vollzug. Der Angeklagte, der schon zu Beginn der Verhandlung über Herzprobleme geklagt hatte, soll sich vor dem Haftantritt in Freiheit in ärztliche Behandlung begeben. Danach hat er auch gute Chancen, als „Selbststeller“ einen Teil seiner Strafe im offenen Vollzug zu verbüßen.
Rainer S., dem im Essen nachgesagt wurde, er habe „überall seine Finger drin“ und der in den 90er Jahren auch wegen Geldfälschung verurteilt wurde, hatte nach seinem Umzug nach Dorsten wenig Glück mit einem Sauna-Club. 2009 soll er deshalb in den illegalen Schrotthandel eingestiegen sein. Laut Urteil der XXI. Essener Strafkammer mit dem festen Vorsatz, „durch Steuerhinterhinterziehungen Gewinn zu machen“. Scheinrechnungen, Strohleute und schwarz eingekaufter Schrott aus den Niederlanden und Polen sollen ihm einen Profit in Millionenhöhe verschafft haben. Viele seiner Strohleute und Geschäftspartner, die aktuell vor anderen Kammern stehen, hat er mit seiner vermeintlich lukrativen Idee hinuntergezogen. Ihm selbst scheint es nicht gutzugehen. Nach dem Urteil inhaliert er aus seinem Herzspray.