Hardt. .

Ruhig und genügsam sitzt Amando in der Eingangstür des Gartenhauses. Das Tor ist geöffnet, im Garten locken vereinzelte Sonnenstrahlen. Eigentlich recht angenehmes Wetter zum Spazierengehen. Doch Amando macht wenig Anstalten, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Die etwa 25 Zentimeter große Schildkröte wartet auf seine Betreuerin. Barbara Klobusch kennt ihre „Pappenheimer“: „Komm, mein Lieber, ich setze dich ins Gehege zu den anderen.“ Sagt es, hievt den Koloss hoch und trägt ihn zum umzäunten kleinen Gärtchen.

120 Reptilien tummeln sich momentan auf dem Vereinsareal auf der Hardt. Die Relation ist recht ausgewogen: 60 Wasser- und 60 Landschildkröten hat Geschäftsführerin Klobusch registriert. „Im Sommer ist die Zahl der Tiere immer recht hoch. Wir haben viele Urlaubs-, aber auch viele Fund- und Abgabetiere“, berichtet sie.

Es hat sich viel getan bei der Schildkrötenauffangstation am Nikolausweg 2. Nachdem der Verein im letzten Herbst durch Landeszuschüsse drei Gewächshäuser anschaffen konnte, wurde auch das Außenareal umgestaltet. Drei Helfer aus Köln haben für die Wasserschildkröten eine „Karibik-Oase“ mit Kies und Sand geschaffen. „Da würde ich am liebsten einen Liegestuhl reinstellen“, scherzt Barbara Klobusch. Und auch die Gewächshäuser selbst sind natürlich schon bestückt. Ein weiteres Fleckchen Garten ist für vier lungenkranke Tiere abgeteilt. „Die sind leider nicht mehr vermittelbar, da die Krankheit übertragbar und nicht heilbar ist“, bedauert Klobusch.

Die Schildkrötenauffangstation hat sich zudem dazu entschlossen, bei ihren europäischen Sumpfschildkröten eine Reinheitsprüfung durchzuführen und sich dann an einem Nachzuchtprogramm zu beteiligen. Der Hintergrund: Die Tiere sind vom Aussterben bedroht und sollen artenrein nachgezüchtet werden. Geschäftsführerin Klobusch: „Mit Hilfe einer ehemaligen Auszubildenden unserer Vereinsvorsitzenden Dr. med. Susanne Evens, Elisa Pecl, nehmen wir momentan von allen Tieren Tupferproben, um anhand derer feststellen zu können, wo die Tiere herkommen. Die absolut „reinen“ Tiere werden ins Nachzuchtprogramm aufgenommen. Und die Nachkommen werden wir in fünf bis acht Jahren auswildern.“

Verein bittet um Hilfe

Noch vor dem nächsten Herbst will der inzwischen auf 120 Mitglieder angewachsene Verein die Gewächshäuser wintertauglich ausstatten. Barbara Klobusch: „Dazu sind wir aber auf Spenden - Geld- wie Sachleistungen - angewiesen.“ Wasserleitungen, Durchlauferhitzer, Regale - alles ist willkommen. Ebenso fachkräftige Hilfe, beispielsweise durch Installateure oder Elektriker.

Formen angenommen hat die Vernetzung der Dorstener Tierschutzvereine. Ein Treffen mit dem Tierschutzverein des Tierheimes Dorsten sowie dem Verein „Graues Gold“ war sehr vielversprechend, meint Barbara Klobusch: „Das ist sicherlich ausbaufähig.“ Nicht zuletzt arbeiten die Dorstener ohnehin schon mit Tierheimen zusammen, „da die meisten mit der Haltung von Schildkröten überfordert sind“, erzählt Klobusch.

Zu dem Bekanntheitsgrad der Lippestädter trägt übrigens auch eine regelmäßige Fernsehpräsenz bei: Einmal pro Jahr ist die Schildkrötenauffangstation zu Gast in der WDR-Sendung „Tiere suchen ein Zuhause“. „Das ist eine große Auszeichnung“, freut sich Barbara Klobusch. Und eine große Hilfe: „Nach der Ausstrahlung der Sendung - die nächste wurde jetzt Anfang Juli aufgezeichnet - können wir in den Folgemonaten immerhin über 100 Tiere vermitteln. Das ist eine sehr hohe Quote.“

Und hält den Bestand in den Herbst- und Wintermonaten niedriger. Denn dann gibt’s wieder Platzprobleme am Nikolausweg. Die Überwinterungsaktion des Vereins hat sich bereits so gut herumgesprochen, „dass wir schon ab Frühjahr/Sommer für den nächsten Winter ausgebucht sind.“

Für diesen Winter scheint aber eine Entlastung in Sicht: In einem Bootshaus in Östrich steht ein isolierter Raum zur Verfügung. Schildkröten statt Boote werden dort in wenigen Wochen einziehen.