Lüdenscheid. .

Begehrt, bestaunt und richtig teuer: Das Pedelec, das elektrisch unterstützte Fahrrad, verkauft sich wie geschnitten Brot. Doch in den Straßen der Bergstadt ist es bislang kaum angekommen. Die noch junge Technologie hat die Fahrradmobilität in Lüdenscheid kaum angeschoben. Warum das so ist, darüber sprach die WR mit Händlern und Radlern, Verkehrsplanern, Stadtwerken und dem Vorsitzenden des Radsportclubs.

Verleih ausgebucht

Über die Nachfrage jedenfalls beklagt sich niemand – außer der Endkunde. Gefragte Modelle haben enorme Lieferzeiten. Die Stadtwerke haben auf ihre neuen Modelle drei Monate gewartet. Im Energietreff am Rathausplatz werden sie nach Terminvereinbarung an Kunden kostenlos ausgeliehen. Lars vom Brocke konnte seinen Pedelec-Park auf fünf Räder aufstocken. Das ist wichtig, weil die City- und Mountainbikes bis in den September ausgebucht waren. „Das Interesse ist ungebrochen hoch“, sagt er. Und es wachse nach jeder öffentlichen Vorstellung bei Messen wie beim Kirchentag oder beim Autofreien Volmetal.

Hohe Nachfrage

Den Boom bestätigen auch die Händler. Einen „nennenswerten Anteil“ habe der Verkauf von Elektrorädern am Gesamtgeschäft, so Stefan Heese von Andy’s Radsport an der Staberger-/Ecke Hochstraße. Konkreter wird Fabian Borchert von Jan’s Radland in Altena mit vielen Lüdenscheider Kunden: Etwa ein Drittel der Kunden sei „elektrisch orientiert“. Und die wachsende Nachfrage spürt auch Maik Kasper, Radhändler in Lüdenscheid an der Kölner Straße. Das Pedelec erschließe sich den Fan-Kreis von allein: „Selbst Hardcore-Biker, die erst verächtlich auf die Räder gucken, steigen nach einer Stunde Probefahrt grinsend ab.“

Im Auto an die Bigge

Aber wo bleiben die Räder, für die der Kunde leicht 2500 Euro über den Verkaufstresen schiebt? Die Antwort ist bei allen Befragten weitestgehend identisch: Die Räder stehen auf Heckträgern von Autos und werden so zur Bigge und an die Verse, ins Ruhrtal und ins Münsterland bewegt. Auch mit Elektroantrieb setzt sich das Rad in Lüdenscheid nicht als Verkehrsmittel durch, sondern wird als Freizeitgerät genutzt. Dass die Räder „die Berge etwas flacher machen“, wie Maik Kasper sagt, wird wahrgenommen, doch trotzdem ist das Pedelec weiterhin keine Alternative zum Auto, wenn es um den Weg zur Arbeit geht – anders als in den Fahrradmetropolen wie Münster oder Freiburg.

Keine Fahrradstadt

Und so kommt man zum Hauptproblem, das Thomas Geitmann, Vorsitzender des Radsport-Clubs Lüdenscheid (RCL) beschreibt: „Lüdenscheid ist eben keine Fahrradstadt. Das ist einfach so. Da ist auch niemand verantwortlich zu machen.“ Klimatisch kann die Bergstadt mit Freiburg ohnehin nicht mithalten, doch noch schwieriger wird’s bei Topographie und verfügbarem Verkehrsraum. Die Querschnitte der Straßen sind nicht erweiterbar, die Hauptachsen durch die Stadt ausgelastet durch Autos.

Stark und mutig

Wer in Lüdenscheid Fahrrad fährt, muss nicht nur stark sein (was der Zusatzantrieb ja entschärft), sondern auch mutig. Die Sauerfelder Straße stellt gewisse Ansprüche, wenn rechts die Busse rollen und sich links zweispurig Autos vorbeischieben.

Das weiß man auch im Rathaus, in dem die Verkehrsplaner im Februar das erste Fahrradforum organisiert hatten. Die Anregungen der Teilnehmer sind katalogisiert und werden abgearbeitet, wo es möglich ist. Viel Geld steht dafür nicht bereit, doch mit Markierungen und Nachbesserungen bei der Beschilderung werde man auch mit Bordmitteln etwas tun können, sagt Christian Hayer stellvertretend für Nina Niggemann, zu deren Aufgaben auch der Radverkehr zählt. Doch klar sei auch: Ein „Bedarfsstreifen“ müsse laut Gesetz 1,50 Meter breit sein, sagt Hayer. „Und das passt in keinen Straßenquerschnitt.“ Den Radverkehr aufgeben, das kommt auch für Chefplaner Lars Bursian nicht in Frage. „Angebotsorientierter Ausbau“ bleibe die Marschrichtung. Wo straßenbaulich etwas passiere, werde man an die Radler denken.