Unna.

Eigentlich ist Helmut Scherer (77) in seiner Eigenschaft als Unnas 1. und einziger Karnevalist ja eher ein fröhlicher Typ. Was der Schwerbehinderte aber am vergangenen Donnerstag auf dem Weg ausgerechnet in die Karnevalshochburg Köln erlebte, ließ seine Stimmung schlagartig auf den Tiefpunkt sinken.

„Was soll man auch denken, wenn einem die Schaffnerin androht, am nächsten Bahnhof die Polizei zu holen und einen aus dem Zug schmeißen zu lassen. Das konnte ich ja noch verhindern, aber nun soll ich 40 Euro bezahlen, obwohl ich doch meinen gültigen Fahrausweis vorgezeigt habe.“ Der bestand – wie immer, wenn Helmut Scherer mit der Bahn unterwegs ist – aus seinem Schwerbehindertenausweis und dem Beiblatt mit einer gültigen Marke, die dem zu 100 Prozent schwerbehinderten Senior freie Fahrt in Bus und Bahnen bescheinigt. „Bislang habe ich nie Probleme gehabt, und der Ausweis gilt bereits seit 1979.“ Bei der Kartenkontrolle im Zug kurz hinter Schwerte war aber diesmal alles anders.

Ruppiger Umgang

Denn was die Zugbegleiterin zu ihren ruppigen Umgang bewegte, das war nicht etwa das Fehlen eins der beiden Ausweispapiere, sondern deren Schutz. Denn weil der Unnaer seinen Ausweis häufig nutzt und somit auch vorzeigen muss, hat er ihn von einem Bekannten einlaminieren lassen. „Bislang hat das nie jemand beanstandet, jetzt werde ich aber plötzlich wie ein Schwarzfahrer behandelt, weil ein eingeschweißter Ausweis ungültig sein soll. Ich habe zusätzlich noch meinen Personalausweis vorgezeigt, um zu dokumentieren, dass es auch wirklich mein Ausweis ist. Das hat aber auch nichts genutzt.“ Sollte Helmut Scherer den ihm auferlegten „erhöhten Fahrpreis“ von 40 Euro jetzt nicht innerhalb der kommenden Woche überweisen, kommen weitere Kosten auf ihn zu.

Natürlich ist auch ein Einspruch gegen die Nacherhebung möglich. Bei der Schlichtungsstelle Nahverkehr in Düsseldorf rät Miriam Nübold zwar dazu, sieht aber gleichzeitig, dass die rechtliche Seite gegen Helmut Scherer spricht. „Es kann sein, dass die Bahn sich aufgrund des Alters und der Schwerbehinderung ihres Fahrgastes auf Kulanz einlässt. Genau betrachtet ist das Unternehmen aber im Recht.“ Denn in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen, und da stimmten fast alle Unternehmen und Tarifgebiete überein, sei klar erläutert, dass sowohl zerrissene, zerschnittene, arg verdreckte aber auch laminierte Fahrscheine nicht anerkannt werden. Da der Schwerbehindertenausweis in diesem Fall als Ticket gilt, falle auch er unter diese Regelung. „Natürlich wollen die Nutzer, die die Ausweise einschweißen, ja genau das Gegenteil von dem erreichen, was die Kontrolleure nicht sehen wollen – eben verdreckte oder zerrissene Fahrscheine.“ Auf eigenen Bahnfahrkarten, wie etwa dem Semesterticket, weise die Bahn direkt auf ein Laminierungsverbot hin.

Haptische Überprüfung

Aus gutem Grund, wie ein Bahnsprecher gestern mitteilte. Denn zu einer optischen Überprüfung müsse auch die haptische (aktives Fühlen) Überprüfung möglich sein. „Die heutigen technischen Möglichkeiten erlauben sehr gute Kopien von Ausweispapieren. Sind diese dann noch eingeschweißt, lässt sich das besondere Dokumentenpapier nicht befühlen.“ Natürlich wolle man Helmut Scherer keine Fälschung unterstellen. Fröhlicher macht das den Unnaer jedoch nicht. Mittlerweile hat er sich im Kreishaus einen weiteren Ausweis ausstellen lassen. „Als ich dort den Grund genannt habe, haben die Bediensteten nur gelacht und den Kopf geschüttelt.“