Neuenrade. .

Der seit zwei Jahren im Aufbau befindliche Neuenrader Weinberg am Umweg steht auf historischem Grund und Boden. Bereits vor über 200 Jahren gab es an gleicher und an weiteren Stellen Weinberge in Neuenrade, die damals von Mönchen aus dem Prämonstratenserkloster Berentrop erfolgreich bewirtschaftet wurden.

Mit dieser Feststellung überraschte am Sonntag Stadtarchivar Dr. Rolf-Dieter Kohl die Neuenrader Stadtspitze auf dem Platz vor der neuen Weinhütte am Umweg. Sowohl Bürgermeister Klaus Peter Sasse als auch sein erster Stellvertreter, Toni Wiesemann, hatten zwar im Vorfeld von einem möglichen Weinanbau in Neuenrade gehört, auf fundierte Kenntnisse konnten sie sich aber bis dato nicht stützen.

Suche im Stadtarchiv Münster

Den Erkenntnissen von Dr. Kohl waren lange Recherchen vorausgegangen, selbst im Staatsarchiv von Münster hatte der Neuenrader Stadtarchivar geforscht - und war fündig geworden, als er Einzelheiten zu den Tätigkeiten der Prämonstratenser in Westfalen erkundete. Damals - so Dr. Kohl im Gespräch mit dieser Zeitung - sei es durchaus üblich gewesen, Wein in Westfalen anzubauen.

So auch in Neuenrade im Kloster Berentrop, einer Filiale von dem Mutterkloster Scheda im heutigen Kreis Unna.

Der Weinanbau habe damit auch im kühlen Sauerland erfolgreich stattgefunden, wobei die Mönche des Prämonstratenserklosters Berentrop mit ihren Weinprodukten durchaus erfolgreich in der Region tätig gewesen sind. Dr. Kohl recherchierte weiter, dass Neuenrader Wein nicht nur bei den heimischen Bürgern geschätzt und beliebt war, er wurde auch ins Kloster Oelinghausen (bei Hüsten) geliefert und von dort aus mit schwungvollem Handel im heutigen Arnsberger Bereich angeboten.

Mit dem Weinanbau haben die Mönche in dem Prämonstratenserkloster Berentrop eine Grundlage gelegt, um wirtschaftlich mehr Unabhängigkeit zu erlangen. Unklar ist allerdings - so wird schmunzelnd vermutet - ob die Mönche damals mehr zur Eigenverkostung den Wein gekeltert oder zum Verkauf angeboten haben.

Dass der Weinanbau große Beachtung fand, ist auch einigen Familienwappen alteingesessener Neuenrader Namen zu entnehmen, unter anderem sind immer wieder Weintrauben in den zahlreichen Wappen abgebildet.

Die Tatsache, dass sich der heutige Weinberg auf geschichtsträchtigem Boden befindet, kann Dr. Kohl auch auf eine historische Karte des Landvermessers Johann Heinrich Merner zurückführen. Merner hatte auf einer 1771 erstellten „Charta“ eindeutig Gebiete ausgewiesen, die den Namen „Winnenberg“ (Winnen = Wein) getragen haben.

Auch auf weiteren Karten ist Jahrzehnte später gleiches festgehalten, die Rede ist von einem „Wümberg“, ein Begriff, der damals mit „Weinberg“ übersetzt wurde. Die Richtigkeit der Recherche wird ferner durch Karteneintragungen in Gegenden bestätigt, in denen der Weinanbau (z.B. Rheinland-Pfalz) heute erfolgreich betrieben wird.

Großes Interesse am Weinberg

Der Weinanbau ist wohl erst mit dem Verkauf von Berentrop 1802 an die Familie Schniewindt, eingestellt worden. Aber die Tatsache, dass auch Weinanbau im Sauerland möglich ist, fand bei der Aktion „Offene Gärten im Ruhrbogen“ mit knapp 200 Interessenten viel Zuspruch, selbst aus den Nachbarstädten Lüdenscheid und Plettenberg waren an diesem Tag Bürger zum Neuenrader Weingarten (im Volksmund auch „Rüssmanns Kopp“ genannt) gekommen.