Lüdenscheid. .
Als Aprilscherz entpuppte sich 1966 das Gerücht, dass die Beatles höchstpersönlich nach Lüdenscheid kommen. Kein Gerücht war, dass die Stadt damals mit den Rolling Stones in Verhandlungen stand. Dass Mick Jagger und seine Mitstreiter letztlich nicht kamen, lag einzig und allein an der geforderten, letztlich doch zu hohen Gage. Wer die Stones sehen wollte, musste nach Dortmund fahren.
Nichtsdestotrotz war der Ruf, den Lüdenscheid in den 60ern als „regionale Beat-Hochburg“ genoss, bemerkenswert. Viele zugkräftige Bands, die Tausende anlockten, reichten sich in dieser Zeit in Lüdenscheid die Hand. Von „Beatjüngern und Krautrockern“, sprich Jugend und Musik in Lüdenscheid 1965-1976, wusste Dr. Dietmar Simon, Vorsitzender des Geschichts- und Heimatvereins, am Donnerstag im „Geschichtlichen Forum“ spannend zu erzählen.
Gleichsam einen Zwischenstand über neueste Erkenntnisse zum Thema, zu dem bekanntlich (WR berichtete) ein Buch herauskommen soll, gab der Gymnasiallehrer im Saal der Bücherei. An Material für das Buch, an dem er gemeinsam mit Mike Nürenberg und Klaus Schmalenbach arbeitet, sei er nach wie vor interessiert. Anfang nächsten Jahres rechnet Simon mit dem Erscheinen der Publikation.
Das Lebensgefühl der 60er Jahre, die er als „Transformationsgesellschaft“ bezeichnete, sprach der Historiker in seinem reich bebilderten Vortrag an. Auf einen „stark verbreiteten Wertewandel und ein neues Lebensgefühl der jungen Generation“ machte er aufmerksam.
In Lüdenscheid angekommen, rückte Gottfried Schumann – seit 1965 als städtischer Jugendpfleger in Diensten der Stadt – ins Zentrum des Interesses. „Er war nach Lüdenscheid gekommen mit dem Ziel, hier etwas in Gang zu bringen.“ Was er bewegte, wie sich der Beat zu einem Massenphänomen der Lüdenscheider Jugend entwickelte und wie schwer sich die Erwachsenengeneration einschließlich Presse mit der Beatwelle (Rebellion, lange Haare und große Lautstärke) tat, entschlüsselte Simon im Detail. „Die Vorbehalte hielten mehrere Jahre an.“
Rebellion und lange Haare
In der Schützenhalle und in der Kerksighalle, wo Schumann den örtlichen Bands Proberäume verschaffte, stiegen publikumswirksame Beat-Konzerte. Von den Lords bis zu den Monks aus den USA – Deep Purple einschließlich Skandal nicht zu vergessen – reichte die Palette der Bands, die in der Bergstadt auftraten.
Namen wie „Hi-You-There“ oder „Missing Links“ (Werdohl) fielen. Auch die Entwicklung der Jazz- und Folkszene mit ihren Lokalitäten beleuchtete er im Vortrag. „Es sah eine Zeit lang so aus, als ob sich die verschiedenen Stilrichtungen nebeneinander einrichten könnten.“