Unna. .

Heike Jahnke ist stinksauer. „Die glauben wohl, dass ich nur zwei Mal die Wochen Teita gehe und sonst zu Hause rumhänge“, schimpft die ansonsten gut gelaunte Rollstuhlfahrerin. Heike Jahnke ist Spastikerin und kann sich nur mit ihrem Elektrorollstuhl gut fortbewegen. Seit etwa vier Jahren hat die 50-Jährige den „besten Rollstuhl“ ihres Lebens. Der Verschleiß von fünf Stunden täglich Spaziergang ist dem Rolli anzumerken: Wegen eines kaputten Reifens, einer gerissenen Rückenlehne und einer geplatzten Lampe steht er seit fast sieben Wochen im Sanitätshaus Schulte-Derne in Lünen.

Nachdem ihr Mann vor Wochen den Rollstuhl nach Lünen gebracht hat, muss sie einen Ersatzrollstuhl benutzen. „Der passt mir aber überhaupt nicht“, sagt Jahnke. Zusammengekauert sitzt sie auf dem Stuhl, ständig in der Angst, zum zweiten Mal aus dem nicht angepassten Stuhl zu fallen. Weil sie sich auf dem Standardsitzkissen überhaupt nicht halten kann, sitzt sie jetzt auf der stählernen Sitzplatte geschützt mit einem dünnen Kissen und einer Decke. Weil die Fußstütze locker ist, kommt sie nur schwer über Kopfsteinpflaster.

„Wenn es 14 Tage oder drei Wochen ohne meinen Rollstuhl wären, würde ich nichts sagen“, sagt Jahnke. Aber dass sie seit April ihren Rollstuhl nicht mehr hat, stört sie gewaltig.

Seitdem wird sie vom Lüner Unternehmen vertröstet. „Schulte-Derne hätte die Teile. Aber das Unternehmen warte auf die langsame Krankenkasse und die Genehmigung“, sagt Jahnke. Von der AOK jedoch hörte sie, dass solche Reparaturanträge für gewöhnlich in zwei, drei Tagen bearbeitet seien.

„Das besprechen sie mit der AOK“, sagt die Sachbearbeiterin bei Schulte-Derne knapp auf die Frage, ob sich das Unternehmen Zeit beim Kostenvoranschlag gelassen habe. AOK-Sprecher Wolfgang Röller sagt, dass die Genehmigung nach wenige Tage Bearbeitung raus ging. Die erhielt Schulte-Derne am 14. Mai.

Am 14. Mai platzt ihr der Kragen

Das war dieser Montag. Und an dem Tag platzte Heike Jahnke der Kragen.

Denn als Schulte-Derne die Genehmigung bekam, seien die Ersatzteile nicht mehr in Lünen vorrätig. Wartezeit: Drei bis sechs Wochen. Die Sachbearbeiterin findet es bei Sonderanfertigungen wie Jahnkes E-Rollstuhl „völlig normal“, dass ein Reifen, eine Rückenlehne und ein Sitz drei bis sechs Wochen lange Lieferzeiten haben. Auch ein laut Selbstdarstellung „Großer der Branche“, der Sonderanfertigungen teils selbst baut, habe solche Ersatzteile nicht im Lager vorrätig.

Keine Probleme beim letzten Platten

Heike Jahnke bekommt das nicht in den Kopf. „Bei dem letzten Reifenplatten ist einer von Schulte-Derne gekommen und hat den Reifen vor der Haustür eben ausgewechselt“, sagt sie. Das fand sie gut, heute leidet sie nur noch. Wegen des nicht angepassten Rollstuhls hat sie Rückenschmerzen, bekommt regelmäßig Spritzen, die sie nicht bräuchte.

Manchmal glaubt sie, dass Mitarbeiter in dem Sanitätshaus denken: „Mit denen können wir es ja machen.“ Heike Jahnke ist behindert, andere Kunden sind alt. Wer soll sich da groß wehren?