Lünen. . Die Preise der Gema für Disco-Tanzabende steigen. Das bedroht die Förderung von Nachwuchsbands, warnen Veranstalter wie Lükaz und Greif.
„Was die da machen, ist Atemluft abdrücken“: So drastisch beschreibt Martin Raudszus, Leiter des Kulturzentrums Lükaz die Pläne der Musikrechte-Verwertungsgesellschaft Gema. Der Verein aus München hat vor, Anfang 2013 seine Tarife zu ändern, vor allem die Preislisten für Live-Musik und Tanzabende (Disco) treiben den Kultureinrichtungen wie dem Lükaz allerdings jetzt schon den Schweiß auf die Stirn. Die Tarife etwa für Musik aus der Konserve erhöhen so deutlich, dass der Bundesverband des Gastgewerbes, die Dehoga, schimpft, mit den neuen Tarifen komme es zu „existenzgefährdenden“ Erhöhungen von bis zu 1400 Prozent.
Viele kleinere Veranstalter wie das Greif oder das Lükaz in Lünen buchen oft junge und unbekannte Bands, die wenig einspielen – manchmal zahlen die Veranstalter sogar noch drauf. „An vielen Bands verdienen wir kein Geld“, sagt Bob Michaels, Geschäftsführer des Greif. In der Branche zählt mitunter auch ein Fünkchen Idealismus. Denn wenn eine junge Band nie live vor Publikum spielen kann, und wenn auch nur zehn Leute kommen, dann wird sie nie bekannt. Die meisten berühmten Bands haben früher einmal so angefangen. Und nun sägt die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) an genau diesem Ast, auf dem die Bands aufsteigen können. Dabei sollte die Gesellschaft den Künstlern eigentlich helfen.
Dramatische Verteuerung
Der Ast zum Aufsteigen funktioniert so: Bühnen wie Greif oder Lükaz lassen eine noch unbekannte Band bei sich auftreten. Die Kosten, die das Konzert verursacht, fangen diese Einrichtungen mit anderen Veranstaltungen auf, zum Beispiel mit Disco-Abenden oder Partys. Auch dabei hält die Gema die Hand auf, schließlich soll von der Musik, die per CD oder Laptop gespielt wird, auch etwas bei den Komponisten, Textern, Produzenten ankommen. Doch die neuen Tarife für die Disco-Abende verteuern sich dramatisch. Und das bedeutet, dass den Veranstaltern die Luft wegbleibt, um weniger ertragreiche Konzerte mit jüngeren Bands zu buchen. „Wir haben auch schon überlegt, den Live-Sektor vielleicht komplett zu schließen“, sagt Michaels vom Greif. Lükaz-Mann Raudszus sieht das ähnlich: „Wir haben vorwiegend Bands, die langsam anfangen, die können wir dann nicht mehr buchen. Mit solchen Konzerten verdient man nix.“ Aktuell zahlt das Lükaz rund 10 000 Euro an Gema-Vergütung jährlich. Zum Vergleich: Die Einrichtung bekommt im gleichen Zeitraum von der Stadt Lünen 12 000 Euro zur Unterstützung.
Komplizierte Tarife
Die neuen Tarife sind ein kompliziertes Werk, das einen Preis ausrechnet anhand des Eintrittsgeldes und der Quadratmeterzahl. so kostet ab 2013 dann eine Veranstaltung, die auf bis zu 500 Quadratmetern stattfindet mit einem Eintrittsgeld von bis zu drei Euro genau 150 Euro. Dauert der Tanzabend länger als fünf Stunden, kommt ein Aufschlag von 50 Prozent dazu.
Die Gema verteidigt sich und weist darauf hin, dass die Tarife vereinfacht werden sollten – was sogar stimmt. Aber der Verein räumt auch ein: „Diskotheken und Clubs trifft es tatsächlich negativ“, sagt Gema-Sprecher Franco Walther, „aber das liegt daran, dass der alte Tarif so günstig war.“ Im Jahr 2010 bekam die Gema 863 Millionen Euro an Erträgen, davon gingen knapp 736 Millionen an die Künstler, 127 Millionen behielt die Gema für sich – Gehälter und Sachkosten. Nun regt sich Widerstand. Eine Petition geht an den Bundestag. Die Dehoga prüft eine Klage. Dabei sind die Tarife noch keine beschlossene Sache, sie liegen zurzeit bei der Schiedsstelle, beim Patent- und Markenamt in München.
Künstler verdienen zwar durch die Gema, bemängeln aber oft deren Arbeitsweise: „Ein Freund von uns hatte uns mal gebucht“, sagt Bernhard Weiß, Sänger der Band Axxis. „Der hatte 580 Euro an die Gema zu zahlen. Davon sind auf dem Band-Konto 28 Euro angekommen. Was ist mit dem Rest passiert? Ein unheimlich chaotisches System.“