Hemmerde. .
Müll – gibt’s nicht mehr. Abfall? Ein Produkt aus der Vergangenheit. Die Gesellschaft produziert „Rückstände“. Wertvolle Materialien, die wieder in kostbare Sekundärrohstoffe umgewandelt werden können. Was sich für den Laien anhört wie Science Fiction, ist – eine selten gute Nachricht für Klima und Umwelt – schon Realität. Selbst Unna ist eine Adresse fürs Recycling – auch ohne Müllverbrennungs- und Wiederaufbereitungsanlage oder Deponie. In Hemmerde arbeitet eine kleine Runde von Spezialisten, die genau weiß, wo sich in Westeuropa für all die verschiedenen Müll-... pardon: Rückstände-Sorten die geeigneten Wiederverwerter befinden.
Malermeister Pinsel
Ralph Marmann, geschäftsführender Gesellschafter der Secundo GmbH mit Sitz an der Hemmerder Landwehr, nimmt gerne ein ganz einfaches Beispiel, um den großen Kreislauf zu erklären: „Da ist etwa der Betrieb von Malermeister Pinsel.“ Leere Farbeimer aus Plastik und Weißblech, alte Farbrollen und Pinsel fallen hier als Rückstände an, werden gesammelt und an einen Wiederverwerter weitergegeben. Der kann aus Farbresten Brennstoff machen – Merke: „Brennstoff geht immer“ – und kann Kunststoffe, Weißblech und Aluminium weiter verwenden. „Die Stoffe sind natürlich noch total verunreinigt, müssen getrennt und gesäubert werden“, erläutert der Diplomingenieur für Chemietechnik.
Vom Großen ins Kleine
An dieser Stelle schaltet sich das Unnaer Unternehmen mit seinem Büro in Hemmerde ein. Secundo organisiert Transport und Verwertung des Mülls, weiß um Qualitäts- und Kapazitätsmerkmale der unterschiedlichen Wiederverwerter.
Das Handelsunternehmen hat im vergangenen Jahr 35 000 Tonnen Müll bewegt, das sind 3000 Tonnen pro Monat. Die Lastwagen, die im Auftrag von Secundo unterwegs sind, transportieren Schlacke aus Müllverbrennungsanlagen, die aus 30 bis 35 verschiedenen Schrott- und Metallsorten besteht, Filterkuchen, Aschen, Filterstäube – alles, was bei Produktions- und Gewerbebetrieben so abfällt.
So fein wie möglich wird das Material zerkleinert und gewaschen. Immer wieder, viele Male. Am Ende steht wieder der Rohstoff, ein Sekundärrohstoff diesmal – wertvolles Kupfer und Aluminium beispielsweise. 30 000 Euro kostet eine Lkw-Ladung dieses aufbereiteten Abfalls.
Das Unternehmen
Vor fünf Jahren hat sich Ralph Marmann in Hemmerde selbstständig gemacht. Vier fest angestellte Mitarbeiter zählt das Unternehmen, das in einem Wohnhaus an der Hemmerder Landwehr seinen Sitz hat. Der 47-jährige Geschäftsmann war vor seinem Schritt in die Selbstständigkeit zwölf Jahre lang in Geschäftsleitungen tätig, sammelte Erfahrungen im Bereich der Abfallwirtschaft wie auch der Logistik. Den Großen der Branche wie etwa dem weltweit agierenden Unternehmen Remondis in Lünen sind kleine Recyclingspezialisten wie die Hemmerder eher ein Dorn im Auge. Denn Secundo berät und beliefert mittelständische Unternehmen.
Theoretisch, so sagt’s Ralph Marmann, lässt sich heute schon alles recyceln. Nur Qualität und Reinheit des neuen Materials entsprechen nicht immer und überall den Anforderungen und Ansprüchen.
Übrigens: Die Entsorgung von Hausmüll obliegt per Gesetz der öffentlichen Hand. Sehr zum Bedauern der Abfallwirtschaft: Denn das, was täglich im Hausmüll oder Gelben Säcken landet, „ist ein Milliardengeschäft“, kommentiert Ralph Marmann. Die EU berät derzeit , ob der kostbare Müll des Bürgers wirklich Sache des Staates bleiben soll . . .