Lünen. Es selbst bezeichnet seine Kunst als episches Kabarett. Aber Comedy ist es auch irgendwie. So oder so: Jochen Malmsheimer spielte vor ausverkautem Heinz-Hilpert-Theater, und er enttäuschte nicht.

Es selbst bezeichnet seine Kunst als episches Kabarett. So wie einst Brecht mit der Erfindung des epischen Theaters neue Maßstäbe für die Bühnenkunst setzte, passt das, was Jochen Malmsheimer am Dienstagabend im ausverkauften Heinz-Hilpert-Theater bot, nicht in die herkömmlichen Klischees von Kabarett oder Comedy. Es ist beides und noch viel mehr – und gerade das bot dem Publikum ein gut zweistündiges pausenloses Vergnügen.

Alkeholgeschwängerte Sprache mit Lautklecks

Als roter Faden zieht sich die Analyse des Sprechens durchs Programm. Da sind auf der einen Seite die Sprachmöglichkeiten und auf der anderen steht das, was der Mensch daraus macht. Dabei muss die Kraft und Schönheit der Sprache noch nicht einmal zu einem „Boah ey“ verkümmern.

Malmsheimer macht vor, wie in alkoholgeschwängerten Tresengesprächen zwischen dem einleitenden „Pass auf“ und dem abschließenden „Kein Thema“ von einer schweren Zunge geformte unverständliche, gänzlich sinnentleerte Lautkleckse kommen, die mit Worten nur eine ganz entfernte Verwandtschaft aufweisen.

Wenn in diesem Zusammenhang dann das Wort „Sprechdurchfall“ fällt, dann erkennt man, wie der Kabarettist ein Sprachgewitter erzeugt. Da prallt die Hochsprache auf eine hochelegante Fäkalkultur, dass die Funken nur so fliegen. Ein Beispiel hierfür sind die Jet-Erlebnisse, wo die „rektale Ausgelassenheit“ bei Nichtbeherrschung von Fremdsprachen zu einem Desaster in der Flugzeugtoilette führt.

Satire pur ist auch die auf den Hörfunk übertragene Parodie auf die Fernseh-Kochsendungen unter dem Motto „Kochen mit Jochen“. Das reicht von der Anpreisung „Wir kochen live vor Ihren Ohren“ bis zur Feststellung “Das klingt aber lecker.“ Und die Hörerfrage: “Wie lange kocht man Kartoffeln?“ ist auch einfach zu beantworten: „Etwa 500 Jahre, nämlich seit deren Einführung aus Amerika.“ Malmsheimer formuliert poetisch klingende Sprachgebilde mit banalen oder gänzlich inhaltslosen Inhalten.

Hier kann so mancher Politiker noch etwas lernen. Und es sind die tiefschürfenden Weisheiten aus dem Nonsensbereich, die immer wieder einen Heiterkeitserfolg erzielen. Die Aussagen: „Das sieht einfacher aus, als es aussieht“ oder auch der Programmtitel: „Ich bin kein Tag für eine Nacht“ sprechen für sich. Wobei die Erkenntnis: „Die Kneipenaußenbeleuchtung ist das einzige Licht, das durstig macht“ ja noch gerade nachvollziehbar ist.

Als sprachliches Gesamtkunstwerk liefert Malmsheimer nach der Pause ein wahres Maschinengewehrfeuer für Augen, Ohren und Hirn mit den Einblicken in die inneren Schaltzentralen eines pubertierenden Jünglings in der Disko und der sich daraus ergebenden Außenwirkung. Der junge Mann wird durch die divergierenden Strömungen unfähig, nur halbwegs vernünftige Worte zu formulieren. Zum Glück ist das weibliche Gegenüber an anderen Dingen interessiert, als an verständlichen Worten.

Da der anhaltende Schlussapplaus den Kabarettisten nicht unvorbereitet traf, gab es als Zugabe noch eine Generalabrechnung mit allen Auswüchsen des Sports. Am Ende blieb dann nur noch der irische Schlusssegen: „Möge der Rückenwind, der dich treibt, niemals der eigene sein.“