Kamen. .

15 oder 16 Jahre sei er gewesen, als er den Kamener Unternehmer Ulrich Sch. kennengelernt habe, erzählt der Angeklagte Thorsten St. Sch. sei zu der Zeit Akkordeonlehrer an der Musikschule in Kamen gewesen.

Es lief damals nicht gut für ihn, sagt der inzwischen 34-Jährige. Die Eltern hatten sich getrennt, er hatte Stress in der Schule. Sein Bruder habe ihn schließlich mitgenommen zu Sch. Der sollte ihn ein wenig unter seine Fittiche nehmen.

Heute, nach fast 20 Jahren, lässt sich festhalten: Statt dem Jungen Halt zu geben, brachte Sch. ihn auf die schiefe Bahn. Gestern saß St. mit zwei weiteren Männern auf der Anklagebank des Dortmunder Landgerichts. Sie sollen bandenmäßig Handel mit Cannabis betrieben haben, und zwar in der Zeit von 1998 bis 2011. Unter anderem hatten sie eine 83 qm große Zuchtfläche im Keller in der Villa des Unternehmers und Musikverlegers Sch. an der Hammer Straße. Sowohl die drei Angeklagten als auch Sch. sitzen seit Monaten in U-Haft. eine vierter Mittäter ist bereits verurteilt, ein fünftes Bandenmitglied mit Kontakten nach Polen wurde gestern festgenommen und sitzt nun in der JVA Hagen.

Neben dem 34-jährigen Kamener St. mussten sich gestern auch der Kameruner Umaru H., 29 Jahre, und Mustafa A., 28 Jahre, vor Gericht verantworten. Vor Beginn der Verhandlung einigten sich Richter, Staatsanwälte, Schöffen und Rechtsanwälte auf einen Strafrahmen für die Angeklagten.

Im Falle „der wesentlichen geständigen Einlassung entsprechend ihren Angaben im Ermittlungsverfahren“ droht dem Angeklagten St. danach eine Gesamtfreiheitsstrafe zwischen viereinhalb und sechs Jahren, H. eine Strafe von sechs bis siebeneinhalb Jahren und A. eine Strafe zwischen dreieinhalb und fünf Jahren. In der Vernehmung des Trios wurde deutlich: Sch. war der Ideen- und Geldgeber, die übrigen Mittäter führten aus, was er vorgab. St. fuhr regelmäßig nach Holland und Venedig, um Stoff zu kaufen bzw. später zu verkaufen und stellte seine Lagerhallen in Dortmund-Dorstfeld für die Plantagen zur Verfügung.

Strafrahmen der Angeklagten abgesteckt

A. kümmerte sich um die Aufzucht, Pflege und Ernte der Pflanzen.

Zum echten Cannabisexperten aber entwickelte sich der Kameruner H. Nachdem er ein Buch gelesen hatte, experimentierte er: Er verwendete verschiedene Sorten, kreuzte Pflanzen und ließ sie unterschiedlich hoch wachsen. „Ich kann ein eigenes Buch über die Aufzucht von Cannabis schreiben“, gesteht er vor Gericht. Der 29-Jährige war nachher so fit, dass er zwei eigene Plantagen in Arnsberg und Steinheim betrieb, von denen Sch. keine Ahnung hatte.

Obwohl die Bande laut Anklage mindestens 1,5 Mio. Euro mit dem Marihuana-Verkauf verdient haben muss, will das Trio von dem Geld nicht viel gesehen haben. Es sei ihnen „gutgeschrieben“ worden, heißt es. Oder: Man habe zwar Halbe-Halbe vereinbart, aber Sch. habe Investitionen getätigt, die er dann auf alle umgelegt habe. Doch wann immer man Geld brauchte, habe man es auch bekommen, so die Angeklagten. Die Verhandlung wird heute fortgesetzt.