Werdohl. .

Die Zahl der Einbürgerungen ist in Werdohl 2011 auf den niedrigsten Stand der vergangenen zwölf Jahre gesunken: Nur noch 44 Bürger ausländischer Herkunft wollten Deutsche werden, 2002 waren es noch 124.

Dabei wirbt die Bundesregierung für die Einbürgerung und preist mit dem Wahlrecht und der Freizügigkeit innerhalb der EU ihre Vorteile. Warum dann die Zurückhaltung in Werdohl mit seiner hohen Ausländerquote, wo der Trend in NRW doch zunehmend ist?

Probleme bei Erbfällen und Rentenansprüchen

Ayla Kumlar, in der Türkei geboren und in Werdohl aufgewachsen, ist vor 15 Jahren Deutsche geworden. Die 37-Jährige, Mitglied im Integrationsausschuss der Stadt, hört im Bekanntenkreis oft Gründe dafür, warum sich Türken mit einem Wechsel der Staatsbürgerschaft nicht richtig anfreunden können.

Sie erinnert sich, dass es Ende der 1990er Jahre noch sehr viel mehr Einbürgerungen gab. Mittlerweile aber gebe es Erfahrungswerte. „Viele haben festgestellt, dass sie mit deutscher Staatsbürgerschaft einige Schwierigkeiten in der Türkei haben“, weiß Ayla Kumlar. Es gehe oft um Erbfälle oder Grundstücksangelegenheiten. Sind von solchen Problemen vorwiegend Kinder und Enkel betroffen, hätten Migranten der ersten Generation auch Probleme bei der Anerkennung von Rentenansprüchen. Bei solchen bürokratischen Hindernissen sei es wohl kein Wunder, wenn häufig die Frage gestellt werde: „Welchen Nutzen habe ich eigentlich vom Wechsel der Staatsbürgerschaft?“

Ayla Kumlar, die seit mehr als 36 Jahren in Werdohl lebt und deutsche Staatsbürgerin geworden ist, um damals die Familienzusammenführung zu erleichtern, „hätte es ein paar Jahre später eh gemacht.“ Das war ihr lange klar und dazu steht sie auch aus Überzeugung: „Man lebt hier, man arbeitet hier, auch wenn Wurzeln in der Türkei bleiben.“

Auch wenn sich ihre Einstellung seither nicht geändert hat, hat auch Ayla Kumlar nicht immer gute Erfahrungen gemacht. So haben Behörden schon mal „türkisch“ unter dem Punkt Nationalität im Formular eingetragen, ohne die Deutsche gefragt zu haben.

Während sie sich für Werdohl und Deutschland entschieden hat, kennt sie „allein aus Werdohl vier bis fünf Familien“, die in den letzten Jahren zurück in die Türkei gegangen sind. Der Aufschwung in der Heimat trage dazu bei.

Wer seinen Lebensmittelpunkt aber in Deutschland sehe, „sollte sich auch einbürgern lassen“, findet Ayla Kumlar; „so sieht es der türkische Staat ja auch.“