Essen. Vor 50 Jahren wurde die Waschanlage erfunden, die erste 1967 in München in Betrieb genommen. Heute ist das Geschäft mit der Fahrzeug-Reinigung milliardenschwer.

Das Tor geht auf und das blitzblanke Auto rollt auf den Hof. Es ist eines von 45.000, die seit dem 1. März bei Mr. Wash in Essen gewaschen worden sind. Der Jahresschnitt der Filiale an der Hans-Böckler-Straße liegt bei 2800 Autowäschen pro Tag. Ab diesem Wochenende dürften es noch mehr werden. „Das zweite Quartal ist erfahrungsgemäß das Beste fürs Waschgeschäft“, sagt Geschäftsleiter Jörg Tisch. Im Büro des 44-Jährigen hängen Personal-Einsatzpläne an der Wand, durchs Fenster sieht er die Waschstraße. Zu Stoßzeiten putzen und polieren hier und in den anderen Hallen bis zu 100 Mitarbeiter.

Der Umsatz im Autowäsche-Bereich ist bei Mr. Wash im vergangenen Jahr um sieben Prozent auf 61 Millionen Euro gestiegen. Das Unternehmen hat deutschlandweit 32 Niederlassungen. Essen ist mit 25.000 Quadratmetern Fläche eine der größten.

Branche setzte 1,3 Milliarden um

Die deutsche Autowasch-Branche setzt im Jahr mehr als 1,3 Milliarden Euro um. Den Grundstein dafür legten Gebhard Weigele und Johann Sulzberger, auch wenn sie nicht geahnt haben dürften, dass ihre Erfindung die Wasch-Welt so grundlegend verändern wird.

Am 8. August 1962 meldeten sie mit ihrer Firma Wesumat in Augsburg die erste „selbsttätige Waschanlage für Kraftfahrzeuge“ zum Patent an. Es war eine Zweibürsten-Anlage, die beim Waschen auf Schienen um das Auto herumkreiste. Bereits ein Jahr später kam die erste Portalwaschanlage auf den Markt, die das Erscheinungsbild von Autowaschanlagen im Prinzip bis heute prägt. 2000 fusionierte Wesumat mit dem Waschanlagen-Bauer Kleindienst. Es entstand die Washtec AG. Sie gilt als Branchen-Primus. Ihre Maschinen sind in 61 Ländern im Einsatz, 2011 machte das Unternehmen 293 Millionen Euro Umsatz. „65 Prozent der deutschen Waschanlagen sind aus den Washtec-Werken“, sagt Sprecher Thomas Roth. Meistverkauft: die Maschine „Softcare 2 Pro“. Der Kaufpreis liegt je nach Ausstattung bei 60.000 bis 90.000 Euro. Wirtschaftlich sei ihr Betrieb ab 500 Wäschen im Monat.

Autowäsche als Event

Die Anlage von Mr. Wash in Essen hat laut Standortleiter Tisch etwa 20 Millionen Euro samt Grundstück gekostet. An ihr prangt der Schriftzug „Waschpalast“. Die Autowäsche soll hier offenbar auch ein Erlebnis sein. Die Kennzeichen der Fahrzeuge verraten, dass deren Besitzer weite Wege in Kauf nehmen, um ihrem fahrbaren Untersatz einen frischen Glanz zu spendieren. Manche sind so stolz auf ihre Fahrt mit dem Fließband durch die Waschstraße, dass sie davon Handy-Videos bei „Youtube“ einstellen.

Die Standard-Wäsche – ohne Felgen – gibt es ab sechs Euro, mit Innenreinigung kostet sie etwa 25 Euro. Für das Luxus-Paket samt Handwax-Behandlung zahlen Kunden 50 Euro. Am Standort Krefeld erprobt der Konzern gerade ein neues Angebot: die Wasch-Flatrate – Waschen so oft man will. Zwei Monate kosten 40 Euro, fünf Monate 90.

Für den Pudel zahlt man auch nicht weniger

An der nach eigenem Bekunden „ältesten Tankstelle Deutschlands“ in der Essener Gemarkenstraße gibt es kein Massengeschäft wie bei Mr. Wash. Dafür wird hier aber alles von Hand gewaschen. „Die Handwäsche ist die individuellste und gründlichste Form der Autowäsche“, sagt Inhaber Manni Milz. „Die Autos verlassen erst die Wasch-Halle, wenn sie komplett sauber sind. So sauber wie wir das machen, das kann keine Maschine.“ Generell gelte bei der Wäsche: ein Mann, eine Stunde Arbeit. „Und wenn es länger dauert, dann dauert es halt länger“, sagt Milz.

Wirtschaftlich ist das nicht immer: Die komplette Außenwäsche kostet samt Innenreinigung je nach Fahrzeuggröße und Verschmutzung zwischen 26 und 33 Euro. Gar nicht teuer, findet Milz: „Wenn die Leute mit ihrem Pudel zum Hundefriseur gehen, zahlen sie auch nicht weniger.“