Marl. In Marl wurden am Freitag wieder die begehrten Preise verliehen. Hannelore Hoger, Iris Berben, Axel Milberg und Rosa von Praunheim zählen zu den Preisträgern.

Preisverleihungen sind kein Vergnügen. Hannelore Hoger aber weiß, das ist der Preis, den Preisträger zahlen müssen. Bella Block zahlt ihn gern. Gleich wird die 69-jährige Schauspielerin im Marler Stadt-Theater den Grimme-Preis für ihr Lebenswerk erhalten. Vor der Gala im Marler Stadt-Theater steht üblicherweise ein kleiner Empfang im Rathaus an.

Frau Hoger! Geduldig signiert sie, von Kopf bis Fuß in Ocker, am Fuß der Treppe Autogramm-Bücher. Frau Hoger! Oben wartet die Fotografen-Meute in zwei Kohorten. Ein Trupp steht direkt am Rathaus-Eingang, eine zweite Gruppe erwartet die Mimin an der Sponsoren-Wand. Frau Hoger! Preisverleihungen sind kein Vergnügen. Oder doch?<

Axel Milberg strahlt mit der Frühlingssonne um die Wette. Der 55-Jährige wird für seine Rolle in dem ZDF-Film „Liebesjahr“ geehrt, gemeinsam mit Iris Berben, Peter Simonischek und Nina Kunzendorf. Matti Geschonneck drehte den Film, Magnus Vattrodt lieferte das Drehbuch. Der Preis macht lässig. Milberg, Silberjackett, Jeans, wirkt entspannt, Hände in den Taschen, den linken Fuß leicht vorgeschoben. „Der Grimme-Preis“, sagt er mit jenem schelmischen Blitzen in den Augen, das er in Comedy-Filmen wie „Dr. Martin“ kultiviert hat, „hat einen besonderen Stellenwert. Dahinter steht keine Marke, die beworben wird, wie bei Bambi oder der Goldenen Kamera. Der Grimme-Preis ist unabhängig; er ist objektiv. Das wird Ihnen jeder sagen.“

Einspruch, Herr Milberg! In dieser Deutlichkeit hat das noch kein Preisträger formuliert. Das Grimme-Institut wird sich über diese nüchtern formulierte Liebeserklärung freuen, auch die Juroren wissen das Echo zu schätzen.

Auch atmosphärisch signalisiert der Grimme-Empfang einen Unterschied zu den kraftmeierischen Auftritten großer Medienhäuser wie Burda und Springer. Im Marler Rathaus geht es, bei Wein und Espresso, locker zu im erklärten Gegensatz zur Ernsthaftigkeit der Jury-Arbeit. Bei den Grimme-Preisen geht es nicht in erster Linie um Glanz und Glamour. Vielmehr zeichnet die Jury Qualität im Fernsehen aus, zum 48. Mal.

Grimme-Preise fördern auch Talente wie Sophia Boehme. Die 16-Jährige aus Hamburg brillierte, gemeinsam mit Jonas Nay, in dem ARD-Film Homevideo. Regisseur Kilian Riedhof und Drehbuch-Autor Jan Braren thematisierten in dem TV-Drama Internet-Mobbing unter Schülern. Mit staunenden Augen genießt die Oberstufen-Schülerin ganz unbefangen den Trubel. Fast selbstverständlich nimmt sie hin, dass der Fotografen-Pulk ihren Namen kennt. Ob sie eine Schauspiel-Karriere anstrebt? „Ich weiß es nicht“, entgegnet Sophia Boehme völlig unkokett. Und Mutter Anne fügt hinzu: „Jetzt steht erst mal Schule an.“

40 Jahre gewartet

Rosa von Praunheim hingegen ist Profi. Sein Dress ist Programm: Der Filmemacher trägt durchweg Rosa, Hut inklusive. Der Berliner steht für den wichtigen Bereich Information und Kultur. Wenig später wird er mit der Grimme-Skulptur für seine Doku „Die Jungs vom Bahnhof Zoo“ bedacht. „Auf den Grimme-Preis habe ich 40 Jahre gewartet“, sagt der 69-Jährige, und es klingt ein nicht mal sonderlich versteckter Vorwurf mit. Seinen Preis versteht er nicht nur als Anerkennung für seine Leistung als Künstler, sondern auch für sein Engagement für Homosexuelle. „Damals“, fügt er in Anspielung auf die frühen Jahre des Preises hinzu, „haben sie sich nicht getraut“.

Mut brauchen auch die Fans, die sich vor Rathaus und Theater eingefunden haben, um ihre TV-Helden anzusprechen, vor allem wenn sie noch so jung wie Lasse Weinert sind. Sein Autogramm von Ki.Ka-Star Ralph Caspers trägt der Schüler so stolz nach Hause wie der Moderator seinen Grimme-Preis.