Neuenrade. .
Am 1. April kann die Hönnetalbahn auf ein stolzes Jubiläum blicken, dann ist sie 100 Jahre in Betrieb. In mehreren Teilen wird die Rundschau in den kommenden Tagen bis zur Jubiläumsfeier über die Geschichte dieser Bahnstrecke berichten.
Die Industrialisierung, von England ausgehend, hatte längst auf Deutschland übergegriffen, als 1861 die durchgehende Ruhr-Sieg-Bahn der Bergisch Märkischen Eisenbahn von Hagen nach Siegen eröffnet wird. Nördlich sind die Bauarbeiten der Ruhrtalbahn von Hagen über Schwerte – Fröndenberg – Arnsberg – Meschede bis Warburg mit Anschluss an Kassel 1873 abgeschlossen. Im dazwischen liegenden Gebiet wird der Ruf nach Anschluss des Hönnetals und einer Verbindung der Ruhrtalbahn mit der Ruhr-Sieg-Bahn laut.
Nachdem bereits 1864 die Strecke Letmathe – Iserlohn eröffnet wird, dauert es bis 1872, bis die Ruhrtalbahn von Fröndenberg mit Menden verbunden wird.
Aber was ist mit dem Hönnetal? Bereits bei der Einweihung der Strecke Fröndenberg – Menden hoffen die Festredner auf baldige Weiterführung der Strecke nach Hemer – Iserlohn und ins Hönnetal. 1876 treffen sich interessierte Fabrikanten und Politiker in Stephanopel, um sich Gedanken für den weiteren Bahnbau zu machen, leider ohne Ergebnis. Aber der Ruf nach weiteren Strecken wird von Jahr zu Jahr lauter.
Strecke Menden nach Hemer ab 1882 frei
1878 ist die Inbetriebnahme eines Anschlussgleises von Menden zu den Kalkwerken in Rödinghausen, 1882 wird die Strecke von Menden nach Hemer eröffnet. Auch auf politischer Ebene werden die Forderungen lauter, der Balver Amtmann Krumm setzt sich dazu mit seinen Amtskollegen in Verbindung. In Sanssouci kommt es 1883 zur „Constituierung des Comitees für die Durchführung einer Secundär-Eisenbahn von Menden nach Neuenrade“. Seitens der Stadt Neuenrade ist der Amtmann Weiß in diesem Gremium vertreten.
1884 erarbeite die Stadt Balve eine Denkschrift zum Bau der Hönnetalbahn, sie fordert den Bau der Strecke, um die Konkurrenzfähigkeit der heimische Wirtschaft zu erhalten. Im Gespräch sind inzwischen zwei Projekte: Das Projekt (Menden) Hemer – Sundwig – Balve – Neuenrade und die Strecke Menden – Lendringsen – Balve – Neuenrade. Der Minister für öffentliche Arbeiten in Berlin gibt die Genehmigung für Vorarbeiten auf der erstgenannten Strecke.
1885 wird die Strecke Hemer – Iserlohn eröffnet, die Verbindung von der Ruhrtalbahn zur Ruhr-Sieg-Strecke. 1890 liegen erste Vorschläge einer Verbindung Unna – Fröndenberg – Menden – Neuenrade – Plettenberg vor, eine weitere Verbindung zur Ruhr-Sieg-Bahn. 1901 genehmigt der Minister für öffentliche Arbeiten die Vorarbeiten zur Hönnetalbahn, aber erst 1906 wird die Bahn in die Planung des Staates Preußen aufgenommen, per Gesetz genehmigt.
Das vorhandene Gleis der Rheinisch-Westfälischen-Kalkwerke soll bis zur Horlecke übernommen werden und dann ein zusätzliches Gleis parallel zum Werksgleis weiter geführt werden. Fast dreißig Jahre nach den ersten Planungen erfolgt am 28. August 1908 der erste Spatenstich. In Balve wird die Bauleitabteilung eingerichtet und in Binolen mit dem Bau einer Arbeiterbaracke begonnen.
Die Arbeiten überträgt man den Bauunternehmen Fa. Pack, Letmathe (bis Binolen) und Fa. Weigold, Barmen, von Binolen bis Neuenrade. Beide Firmen beschäftigen mehrere hundert Arbeiter, vorwiegend Handwerker aus der näheren Umgebung. Zwei große Viadukte, der Uhutunnel (117m) und der Binoler Tunnel (277m) müssen ausgeführt werden, glücklicherweise ohne größere Unfälle.
Am 1. April 1912 soll der Betrieb beginnen
Schwierigkeiten gibt es wegen der Kalkfelsen, 1909 wird ein spezieller Steinbrechbagger in Betrieb genommen. Die Neubaustrecke sollte voraussichtlich am 1. April 1912 dem Betrieb übergeben werden, sie ist 22,3 km lang und erfordert zur Befahrung ca. 60 Minuten. Weitere Planungen sprechen von einer Verbindung von Balve nach Allendorf, um weitere Teile des Sauerlandes zu erschließen. Angebote zum Abbruch des Lokschuppens im Bahnhof Raumland und Wiederverwendung in Neuenrade werden eingeholt, ferner die Errichtung eines Wasserturmes. An Bahnhöfen sind vorgesehen: Neuenrade, Garbeck, Balve, Sanssouci, Binolen und Lendringsen, Haltepunkte soll es in Küntrop und Klusenstein geben.
Ende 1911 erscheint der erste Fahrplanentwurf, der Bau von Wartehallen in Klusen- stein und Küntrop soll vergeben werden. Die neue Strecke wird dem Betriebs-, Maschinen- und Verkehrsamt Altena zugeteilt. Bisher wird das Hönnetal von der Postkutsche bedient, zukünftig fährt der Posthalter Gebr. Blecker aus Werdohl zwei „Personenposten“ nur noch zwischen Werdohl und Neuenrade. Am 28. März 1912 erfolgt die landespolizeiliche Abnahme der Strecke, dann am 30. März der Sonderzug mit den Ehrengästen zur offiziellen Eröffnung der Strecke, wo am 1. April der Linienbetrieb aufgenommen wird.