Werdohl. .
Ein Asylverfahren ist kompliziert, langwierig, kostet Zeit und Nerven – sowohl auf Behörden-, wie auch auf Flüchtlingsseite. Das wird schnell klar, wenn man Ritta Springob und Gabriele Schmitz zuhört. Die beiden Frauen arbeiten im Rathaus, Abteilung Soziales und Wohnen, und sind neben Sozialleistungen, Pflegeheimfällen und Kriegsopferfürsorge vor allem mit „Leistungen nach dem Asylbewerberhilfegesetz“ betraut.
„Bei der Kriegsopferfürsorge haben wir nur noch drei Fälle in Werdohl“, erklärt Springob. Weitaus mehr zu tun gebe es bei den Anträgen für Wohngeld und Kinderzuschläge. Und natürlich bei den Asylbewerbern.
Ältester Fall läuftseit 1997
33 Menschen, die nicht wissen, ob sie in Deutschland bleiben, hier arbeiten und sich heimisch fühlen dürfen, leben derzeit in Werdohl.
Nach ihrer Ankunft werden Flüchtlinge auf die Kommunen verteilt. Wer in Werdohl landet, erhält ein Zimmer im Heim Osmecke. Dann heißt es warten. Möglicherweise ziemlich lange.
„Schnelle Asylverfahren gibt es nur sehr selten“, sagt Schmitz, sie habe mal einen irakischen Piloten gehabt, da sei die Entscheidung nach einigen Monaten gefallen. Aber in der Regel dauere es länger, eher ein paar Jahre.
Ritta Springob blättert in den Akten, von 1997 stammt der älteste laufende Fall, den sie finden kann. Natürlich sei es nicht gut, dass die Verfahren so lange dauern, manchmal komme ein Abschiebebescheid, wenn die Kinder – längst integriert – gerade vor dem Abitur stünden. „Kein Wunder, dass die dann untertauchen“, findet Schmitz, und Springob ergänzt: „Diese Praxis ist Humbug, wir schütteln darüber oft den Kopf“.
Seit 34 Jahren arbeitet Springob für das Sozialamt, sie glaubt zu wissen, wann eine Geschichte stimmt und wann nicht. „Manchmal ist klar – jetzt kommt Märchenstunde“, sagt sie.
Schmitz ist erst kürzlich in die Abteilung zurückgekehrt, nachdem sie sieben Jahre lang „an das Jobcenter ausgeliehen“ war, wie sie selbst es nennt.
„Manchmal vernichten die Leute ihre Papiere, geben falsche Daten an, wissen plötzlich nicht mehr wo sie herkommen“, erzählt sie. Die Angst, nicht bleiben zu dürfen, provoziert viele Unwahrheiten.
Asylbewerber erhalten in Deutschland laut nicht überholter Gesetzesfassung „360 DM“, knapp 230 Euro, für Kinder gibt es deutlich weniger. Dass die Sätze von den Mitarbeiterinnen des Sozialamtes erst umgerechnet werden müssen, lässt nur einen Schluss zu: Offensichtlich sind die Asylbewerberregelungen ein Stiefkind der Politik.
Seit 2011 ist es den Flüchtlingen zudem erlaubt, sich in NRW frei zu bewegen, so frei, wie das mit einem Taschengeld von 80 Euro möglich ist, denn nur dieser Betrag muss tatsächlich ausgezahlt werden. Den Rest können Behörden nach freiem Ermessen in Gutscheinen oder in Geld zur Verfügung stellen. Arbeiten dürfen nur wenige Asylbewerber, allenfalls „Ein-Euro-Jobs“ bringen etwas Geld zusätzlich.
Trotz allem mögen Springob und Schmitz ihre Arbeit: „Es wird nie langweilig“, sagen sie.