Paris. Nervenkrieg in Toulouse: Elite-Polizisten belagern Wohnung, in der sich der Verdächtige verschanzt hat. Die in Toulouse seit Tagen herrschende Angst vor weiteren kaltblütigen Anschlägen war nicht unberechtigt. Der 23-Jährige hatte bereits für Mittwoch weitere Anschläge geplant.
Frankreich atmet auf: Der mutmaßliche Serienmörder von Toulouse ist identifiziert. Mohamed Merah, ein 23 Jahre alter Karosseriearbeiter mit algerischen Wurzeln, soll innerhalb von acht Tagen sieben Menschen in Toulouse und Montauban getötet haben. Zu seinen Opfern zählen drei Fallschirmjäger, ein französisch-israelischer Religionslehrer, seine beiden Kinder sowie eine Schülerin der jüdischen Schule.
Die in Toulouse seit Tagen herrschende Angst vor weiteren kaltblütigen Anschlägen war nicht unberechtigt. Die Staatsanwaltschaft teilte am Nachmittag auf einer Pressekonferenz mit, dass der 23-Jährige bereits für Mittwoch weitere Anschläge geplant hatte. Er habe offenbar einen Soldaten und zwei Polizisten erschießen wollen.
Schusswechsel beim ersten Zugriff
Den ganzen Mittwoch befand sich die beschauliche Provinzhauptstadt der Region Midi-Pyrénées im Belagerungszustand. Polizisten der französischen Elite-Eingreiftruppe „Raid“ belagerten die Wohnung, in der sich der schwerbewaffnete Verdächtige verschanzte. Der spektakuläre Einsatz hatte um 3 Uhr morgens begonnen. Beim ersten Zugriff kam es zu einem Schusswechsel, bei dem drei Polizisten leicht verletzt wurden. Die Festnahme des Mannes entwickelte sich zu einem Nervenkrieg. Millionen Franzosen verfolgten den ganzen Tag über die Liveberichte in Fernsehen, Radio und Internet.
Innenminister Claude Guéant zufolge handelt es sich bei dem Tatverdächtigen um einen radikalen Islamisten. „Ich bin ein Mudschaheddin El Kaidas“, soll Merah den Verhandlungsspezialisten gesagt haben. Er habe die Fallschirmjäger der Armee getötet und das Blutbad vor der jüdischen Schule angerichtet, um sich zu rächen für das „Leiden palästinensischer Kinder“ und für den Einsatz der französischen Armee in Afghanistan.
Kein unbeschriebenes Blatt
Mohamed Merah ist kein unbeschriebenes Blatt. Wegen zahlreicher Straftaten in Frankreich (Diebstahl, Körperverletzung etc.) verbüßte er zeitweilig Gefängnisstrafen. Kontakt zu fundamentalistischen Islamisten soll er vor etwa vier Jahren aufgenommen haben. Das Terrorhandwerk erlernte er offenbar in den Taliban-Camps im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet, das er nach 2007 mehrmals besuchte.
Offenbar steckt hinter den Anschlägen in Frankreich keine Terrororganisation. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft spreche viel für die Einzeltäter-These. Allerdings soll der 27 Jahre alte Bruder Merahs, bei dem ebenfalls Waffen gefunden wurden, allerdings in die Taten eingeweiht gewesen sein.
Nach fieberhafter Fahndung war die Polizei dem Verdächtigen am Dienstag auf die Spur gekommen. Er hatte Spuren im Internet hinterlassen, außerdem habe er sich bei einem Motorradhändler erkundigt, wie sich an seinem Roller der Chip für die Satellitenverfolgung entfernen lasse.
Staatspräsident Nicolas Sarkozy appellierte an die Franzosen, „keine Gefühle der Rache zu entwickeln“. Frankreich sei nur groß in seiner Einheit, sagte er bei der Trauerfeier für die erschossenen Fallschirmjäger in Montauban.