Essen. „Die Tribute von Panem“ von Suzanne Collins werden als die neue Erfolgs- Jugendserie nach Harry Potter und Stephenie Meyers Biss-Reihe gehandelt. Dabei ähneln sich die Geschichten nur in ihrer Magnetwirkung.
In „Panem“ kämpfen keine Zauberschüler gegen einen bösen Magier, es verbeißen sich auch keine verliebten Vampire. In „Panem“ sind unterdrückte junge Menschen der Willkür von Mächtigen ausgeliefert, denen sie die Stirn bieten.
Die neue, spannende Buchreihe, weltweit millionenfach verkauft und mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet, ist zwar auch fantasy-haltig, aber reifer. So wird der erste Film der Serie „Tödliche Spiele“, der am Donnerstag in die Kinos kommt, noch mehr als Potter und alle Bisse, auch erwachsene Zuschauer ansprechen: Im Nordamerika der Zukunft leben die Menschen nach einem Krieg in zwölf Distrikten, die von einem Kapitol überwacht werden. Den bedenklichen Frieden müssen sich die hungernden Bewohner verdienen: Einmal im Jahr werden 24 Jugendliche, je ein Junge und ein Mädchen aus jedem Distrikt, gezwungen, sich als Tribute in einer menschenunwürdigen Arena zu bekämpfen. Nur einer überlebt.
Gladiatorenkampf für sensationshungriges Publikum
Als im zwölften Distrikt das Los auf die kleine Prim fällt, meldet sich ihre 16-jährige Schwester Katniss (Jennifer Lawrence) freiwillig an ihrer Stelle. Zusammen mit Peeta, einem Jungen, der sie einst vor dem Hungertod rettete, fährt sie ins Kapitol. Dort werden sie für den Gladiatorenkampf trainiert und für ein sensationshungriges Publikum in Szene gesetzt. Bei dem Spektakel geht es auch um die Eroberung der Zuschauerherzen. Katniss wird ein Stylist zugeteilt, charmant gespielt von Rockstar Lenny Kravitz. Während die Gesichter der Kapitol-Bewohner an Papageien erinnern, lässt er bei sich nur goldenen Lidstrich zu.
Gehetzte Kamera
Präsident Snow, routiniert gespielt von Donald Sutherland, regiert das Kapitol. Die Bilder dieser technisierten Welt erinnern an Zukunftsvisionen der siebziger Jahre, die Zentrale der Spielemacher gleicht einer modernen Star-Trek-Kommandobrücke. Die Tribute fliehen in der Arena voreinander anstatt sich zu bekämpfen? Dann treiben die Spielemacher sie mit einer Feuerflut wie Vieh zusammen.
Wie sich Menschen fühlen, beleuchten Bücher meist besser als Filme. Doch Regisseur Gary Ross versteht sich auch auf die Innenwelt: Steht Katniss vor Publikum, hört der Zuschauer wie durch Watte. Knallt in der Arena eine Explosion, wird die eintretene Stille von einem langgezogenen Tinnitus-Ton unterbrochen. Nur die Kameraführung im zwölften Distrikt, der an ein Konzentrationslager erinnert, wirkt zu gehetzt. Da wäre mehr Tiefgang schön gewesen.
Starke Frau und schwache Männer
Katniss wird von Jennifer Lawrence gespielt, die schon für den Oscar nominiert war: als beste Schauspielerin in „Winter’s Bone“. Die junge Frau geht in ihrer neuen Rolle als Widerstandskämpferin auf. Sie ist nicht nur schön, sie besitzt auch Stärke und hat Schwächen. Dagegen wirken die Männer an ihrer Seite wie Kandidaten für das nächste männliche Topmodel. Wer wie Katniss’ bester Freund Gale sein Leben lang gegen den Hunger kämpft und im Wald jagt, dürfte es schwer haben, sich einen derart makellosen Teint zu bewahren. Auch Peeta fehlt das Geld zum Überleben, aber für Haargel scheint’s zu reichen. Dabei kritisiert die Amerikanerin Suzanne Collins mit ihrer Trilogie Casting- und Reality-Fernsehshows, bei denen Menschen erniedrigt werden, um die gelangweilten, Überfluss gewohnten Zuschauer zu unterhalten, die vor allem an einem interessiert sind: ihrem Aussehen.